ZitatHaaranalytik, auch Haaranalyse genannt, ist die Bezeichnung für eine chemische Analyse einer Haarprobe. Das Haar dient als leicht zugänglicher Biomonitor, in dem viele körperfremde Verbindungen in signifikant höherer Konzentration als in anderen Organen eingelagert werden.[1] Der Begriff Haaranalytik selbst gibt keine Auskunft über das letztlich verwendete Analysenverfahren. Die Haaranalyse eignet sich insbesondere in der Forensischen Toxikologie und der Ökotoxikologie zur Durchführung einer retrospektiven Analyse der Aufnahme verschiedener chemischer Elemente und organischer Verbindungen eines Menschen, über den Zeitraum von mehreren Monaten. Zudem wird die Haaranalyse, teils unter Bezeichnungen wie „Haarmineralstoffanalyse“ oder „Bioresonanz-Haaranalyse“ oder „radionische Haaranalyse“, alternativmedizinisch für verschiedene diagnostische Anwendungen eingesetzt. Diese Formen der Nutzung der Haaranalyse werden von der wissenschaftlich begründeten Medizin weitgehend abgelehnt.[2]
Zitat[...]Das Ergebnis ist niederschmetternd: Die Analysewerte für eine Person schwanken von Labor zu Labor. So liegen zum Beispiel die Kalziumwerte von Robert A. zwischen 430 und 1 147 ppm (siehe Grafik). Für Magnesium ermittelt ein Anbieter völlig normale Werte, während ein anderer zu niedrige feststellt und dringend empfiehlt, ein Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen. Selbst das gleiche Labor ermittelt bei Haarproben derselben Person unterschiedliche Werte. Ähnliche Ergebnisse gibt es für das Spurenelement Selen, das im Haar in wesentlich geringerer Konzentration vorhanden ist: Zwei Anbieter finden völlig normale Selenwerte in sämtlichen untersuchten Haarproben, während zwei andere Labore für Haarproben derselben Personen teilweise sogar behandlungsbedürftige Selendefizite feststellen. Im Übrigen geben die einzelnen Labore oft völlig unterschiedliche Normalwerte an, obwohl niemand sicher weiß, welcher Gehalt an Mineralstoffen und Spurenelementen im Haar normal ist. Auch für die verschiedenen Schadstoffe gibt es keine übereinstimmenden Messergebnisse. Immerhin finden vier von fünf Anbietern Werte unterhalb der Höchstgrenze, stellen also keine Gefährdung fest. Doch im Detail gibt es erstaunliche Widersprüche. In Haarproben derselben Person findet ein Labor zum Beispiel den höchsten Quecksilberwert, ein anderes den niedrigsten. Erstaunlich: Ein weiteres Labor findet einmal eine erhöhte Belastung mit Kadmium und Blei, bei der zweiten Probe unter anderem Namen jedoch eine zehn Mal niedrigere Konzentration im unteren Normalbereich. Da auf die Messwerte offenbar kein Verlass ist, sind die daraus abgeleiteten medizinischen Empfehlungen erst recht mit Vorsicht zu genießen. Denn je nach Anbieter und Ergebnis der Haaranalyse müsste der Kunde einmal therapeutische Konsequenzen ziehen, ein anderes Mal aber nicht. Doch das erfährt der Verbraucher normalerweise nicht, denn er gibt ja in der Regel nur eine Analyse in Auftrag. Für sein Geld – die Haaranalysen kosten zwischen 65 und 110 Euro – bekommt er dann viel bedrucktes Papier, das etliche irreführende Aussagen enthält.
Die oben aufgeführten Ansichten zur Haaranalyse haben sicherlich auch aktuell noch ihre Berechtigung, auch wenn der Bericht der Stiftung Warentest den Stand der Dinge vor 16 Jahren (2004) beschreibt. Das bedeutet jedoch nicht, dass derartige Analysen prinzipiell völlig nutzlos wären - Im Gegenteil: Messungen sind eine unerlässliche Grundlage für evidenzbasiertes Handeln! Die hohe Kunst besteht darin, möglichst präzise Messwerte zu erhalten und diese Messwerte sinnvoll zu interpretieren.
Gerade auch für Selbstexperimente kann eine Haaranalyse meiner Meinung nach durchaus ein hilfreiches, wenn auch nicht gerade kostengünstiges Tool sein. Dazu ein paar Anmerkungen:
Die Messabweichung eines Labors sollte möglichst gering sein. Eine (nicht ganz günstige) Möglichkeit, das zu überprüfen: Die doppelte Menge an Haaren zu einem Zeitpunkt sammeln und nur die Hälfte in das Labor einschicken - die andere Hälfte als Kontrollmessung zeitversetzt (zum Beispiel 14 Tage später) verschicken. Wie stark weichen die beiden Messungen beim selben Labor voneinander ab?
Bei der Kontrollmessung sollte man nicht das Labor wechseln!
Wenn man Haarmineralanalysen vornimmt, macht es Sinn zu diesem Zeitpunkt jeweils parallel auch eine Blutanalyse vorzunehmen, das verbessert die Interpretation (kostet allerdings auch zusätzlich Zeit und Geld)
Die Referenzwerte des jeweiligen Labors für essentielle Mineralien dürfen nicht unkritisch als Entscheidungsgrundlage vor eine Intervention herangezogen werden, und schon gar nicht der einzige Grund für eine Intervention (zum Beispiel Supplementierung) sein!
Für Schwermetalle heißt das vorrangige Ziel einer Intervention ohnehin: Je niedriger der Messwert, desto besser!
100 EUR ist für mich etwa der Aufwand an allen Mitteln + Hautsachen pro Monat. Plus Fitnessstudio 35 EUR.
Was ist die wissenschaftliche Basis der Haarmineralanalyse, insbesondere was die Referenzwerte betrifft? Es muss doch einen halbwegs determinierten Zusammenhang zwischen der Stoffkonzentration im Haar, im Blut und. letztlich in den Zellen geben.
Was ist die wissenschaftliche Basis der Haarmineralanalyse, insbesondere was die Referenzwerte betrifft?
Ich gehe aktuell davon aus, dass sich jedes Labor seine eigenen Referenzwerte "bastelt", ohne dafür auf Studien mit Peer review-Verfahren zurückgreifen zu können. Lasse mich aber gerne eines Besseren belehren!
ZitatEs muss doch einen halbwegs determinierten Zusammenhang zwischen der Stoffkonzentration im Haar, im Blut und. letztlich in den Zellen geben.
Bei Quecksilber gibt es tatsächlich belastbare Daten für die Haaranalyse, bei fast allen anderen Spurenelementen ist die Datenlage leider ziemlich dürr.
Gut möglich, dass es auch von Person zu Person Unterschiede hinsichtlich der optimalen Werte essentieller Spurenelemente im Haar gibt!
Wenn man die Haaranalyse zu einem Zeitpunkt durchführt, in dem man sich gesund und fit fühlt, hat man damit zumindest einen Anhaltspunkt für den Status Quo - falls man zu einem späteren Zeitpunkt erkranken sollte und dann bei der Kontrollmessung deutliche Differenzen auftreten, weiß man wo man ansetzen könnte.
Bei einigen Spurenelementen (z.B. Magnesium, Kupfer) kann die Haaranalytik hingegen prinzipiell sogar aussagekräftiger sein als die Blutwerte, weil die Werte im Blut vom Körper in sehr engen Grenzen konstant gehalten werden und die Blutwerte somit nur in Extremfällen (extremer Mangel oder Überladung) Aussagen für das gespeicherte Spurenelement erlauben.
Fazit: Die Crux liegt in aller Regel nicht im Messverfahren an sich, sondern an der geringen Datenlage für die Referenzwerte und an der sinnvollen Interpretation!
Zitat von Dr.Faust im Beitrag #2[quote]Es muss doch einen halbwegs determinierten Zusammenhang zwischen der Stoffkonzentration im Haar, im Blut und. letztlich in den Zellen geben.
Bei Quecksilber gibt es tatsächlich belastbare Daten für die Haaranalyse, bei fast allen anderen Spurenelementen ist die Datenlage leider ziemlich dürr.
Bei Quecksilber ist im Haar nur das Methyl-Hg aber nicht das Hg2+. Die meisten kennen ja nicht mal die Unterschiede zwischen den verschiedenen Hg-Verbindungen und Arten.
Alles ist beschrieben.. also was korreliert wie und warum und wann nicht, wo was invers verläuft und was jeweils reflektiert wird und wann nicht etc. pp.
Man muss ich nur ein paar Hundert Stunden rein arbeiten - macht aber keiner.
Auch die Labore bei den Blutwerten wurschteln alles raus.. da gibts auch zig-dutzend Fehlerquellen und verschiedene analytische Verfahren.
Man muss jedwede Werte immer auf "Sein Labor" normieren.... insb. bei den "spezielleren".
Ohne Kenntnis der jeweiligen analytischen Probleme und Limitationen, ohne Kenntnis der Mineralstoff-Kinetik und der Interaktionen werden hier schnell Fehlschlüsse gemacht- von Ärzten und insb. auch Laien die sich mit der Thematik nicht wirklich tiefgründig beschäftigt haben,
Zitat von h.c. im Beitrag #4Auch die Labore bei den Blutwerten wurschteln alles raus.. da gibts auch zig-dutzend Fehlerquellen und verschiedene analytische Verfahren.
Zitat von h.c. im Beitrag #4Ohne Kenntnis der jeweiligen analytischen Probleme und Limitationen, ohne Kenntnis der Mineralstoff-Kinetik und der Interaktionen werden hier schnell Fehlschlüsse gemacht- von Ärzten und insb. auch Laien die sich mit der Thematik nicht wirklich tiefgründig beschäftigt haben,
Damit hat sich die Sache eigentlich erledigt. Bin gern bereit, ein mitteldickes Buch aus einer seriösen Quelle zu lesen. Ansonsten liegen auf meinem Stack andere Sachen weiter oben.
Zitat von marmor im Beitrag #6h.c., hast Du Bücher wo Du das gelesen hast (welche) oder mit der Internetrecherche? Hast Du da bevorzugte Seiten?
Buch: Hair Mineral Analysis - Cutler.
Im Internet gibts nichts vernünftiges. Sehr unverstandenes Thema. Zudem braucht man auch erst mal ein paar Dutzend Haar-Analysen mit gutem Hintergrund der Menschen um sich da "einzufuchsen". Ein paar Basics gehen schnell - aber das würde ich nur im Rahmen ('Träum-Modus: An') eines Seminares weiter geben wollen.... sonst ist das für mich nicht seriös darstellbar.
Der Standard der Analytik ist die inductively coupled plasma mass spectrometry (ICP-MS), hierzu existieren die meisten Studiendaten.
Bei wenig vorhandenem Material und wenn zeitliche Verläufe von Intoxikationen anhand einzelner Haare bestimmt werden sollen, ist LA-ICP-MS die Methode der Wahl
Wenn bei der Probenentnahme eine Schere aus rostfreiem Stahl verwendet wird, beeinflusst (erhöht) das die Messwerte von Fe, Mn, Ni und Cr
Unterschiedliche Referenzwerte für Männer und Frauen müssen berücksichtigt werden, unterschiedliche Referenzwerte für das Lebensalter halte ich aus Sicht von Anti-Aging/Reverse Aging für nicht sinnvoll
Die Haarmineralanalyse ist grundsätzlich sehr nützlich und gibt sinnvolle Informationen über Schwermetallbelastungen und Mineralstoffstatus. Insbesondere wenn man mehrere Analysen vergleicht und das gleiche - kompetente - Labor benutzt. Solche Labore gibt es!
Ich setze sie seit Jahren bei meinen Patienten ein und finde gute Korrelationen zwischen ihr und der Mineralstoffanalyse im Blut. Nichts in der Medizin ist perfekt, auch die Haarmineralanalyse nicht. Sie jedoch deswegen als nutzlos zu verdammen ist genau so falsch. Richtig eingesetzt, ist sie zur Therapiekontrolle - z. B. Schwermetallentgiftung - sehr wohl geeignet und zwar als Zusatzinformation, nicht als allein seligmachende Wunderdiagnose.
Zitat von Curious im Beitrag #9Die Haarmineralanalyse ist grundsätzlich sehr nützlich und gibt sinnvolle Informationen über Schwermetallbelastungen und Mineralstoffstatus. Insbesondere wenn man mehrere Analysen vergleicht und das gleiche - kompetente - Labor benutzt. Solche Labore gibt es!
Und wenn man wirklich die Haar-Mineralstoff-Kinetik verstanden hat ist das Teil ein geniales Tool - auch zur Bewertung von vielen Organfunktionen und mehr. Allerdings muss der Therapeut auch wissen was er mit den Informationen dann machen kann - und das ist oft der nächste Punkt an dem es hapert...