Spätfolgen von Asbest erreichen erst ihren Höhepunkt Michael Grusch, Molekularbiologe vom Institut für Krebsforschung, und Alireza Hoda von der Klinischen Abteilung für Thoraxchirurgie der Universitätsklinik für Chirurgie, äussern sich im Standard über Rippenfellkrebs als Spätfolge von Asbestbelastung. https://krebsforschung.meduniwien.ac.at/...ed21bb59a851505
Der getarnte Killer Asbest ist allgegenwärtig Noch immer sterben in Deutschland mehr Menschen an Asbest als an Arbeitsunfällen: Solange die Fasern fest in der Bausubstanz gebunden sind, besteht kein Risiko – Sanierungen sind aber brandgefährlich. https://www.welt.de/gesundheit/article10...genwaertig.html
Asbest lauert dort, wo man ihn nie vermuten würde Asbest gilt als extrem krebserregend: Der Stoff wurde einst in 3000 Produkten eingesetzt. Stichproben zeigen, wo Asbest in Gebäuden noch immer allgegenwärtig ist. Heim- und Handwerker sind gefährdet. https://www.welt.de/gesundheit/article15...ten-wuerde.html
Asbest – was ist mit der Verwitterung von Asbestdächern?
ZitatAuch fast 30 Jahre nach dem Verbot von Asbest findet sich ein Großteil der ehemaligen Wunderfaser immer noch in unserer Umgebung. Normalerweise stellt das auch kein Problem dar, aber viele Asbestprodukte erreichen mittlerweile ihre vorgesehene Lebensdauer oder überschreiten sie bereits deutlich. Und das gilt ganz besonders für die Hauptverwendung von Asbest, die Herstellung von Faserzementplatten beispielsweise für den Bereich Dach und Wandbehang. Diese sind seit mehr als 30 Jahren der Verwitterung ausgesetzt. Da kann sich schon die Frage stellen, wie sich diese Baustoffe verhalten, und ob das Alter und die Verwitterung bei der Faserfreisetzung eine Rolle spielen.
ZitatViele Asbestzementdächer und Fassaden haben mittlerweile ihre Haltbarkeitsdauer von 30 bis vielleicht 50 Jahre problemlos erreicht oder gar überschritten. Man sollte sich auch nicht täuschen lassen. Der überwiegende Teil der Asbestzementprodukte dürfte immer noch im Einsatz sein [BAUA 2020].
Welche Gefahren gehen also von den langsam verwitternden Asbestzementen aus? Diese Frage taucht immer wieder gerne auf, und sie lässt sich nicht ganz so einfach beantworten. Jüngst bin ich über eine norwegische Studie gestolpert, die sich der Frage annahm [Ervik et al. 2021]. Auch wenn sich die Ergebnisse streng genommen auf norwegische Verhältnisse beziehen, kann man vielleicht doch einen Einblick in das Langzeitverhalten dieses ehemals so beliebten Baustoffs gewinnen.
Verwitterung Die Verwitterung erwischt früher oder später eigentlich alles. Bei Zement dürfte dies, in Abhängigkeit von der Zusammensetzung und den jeweiligen klimatischen Bedingungen, im Bereich von einigen Jahren bis Jahrzehnten liegen. Wenn zum Beispiel Calciumhydroxide vorliegen, können diese durch Wasser relativ rasch mobilisiert werden. Saurer Regen kann diesen Vorgang noch zusätzlich beschleunigen, aber auch der normale Kohlendioxidgehalt respektive die Kohlensäure reichen dafür oft schon aus [Dyczek 2006].
Dieser Vorgang kann oft auch zu einer Ausblühung von Sinterkalken führen. Die geschwächte Zementmatrix ist dann oft auch mechanisch weniger belastbar, es kann zu erweiterter Rissbildung kommen, welche wieder dem Wasser erleichterten Zutritt verschafft und dadurch die weitere Verwitterung beschleunigt.
Die Asbestfasern sind deutlich widerstandsfähiger als die umgebende Zementmatrix, sie können infolge der Verwitterung als Schicht an der Oberfläche des Zements angereichert werden [Burdett 2007]. Diese Fasern sind meist nur noch schwach mit der Matrix verbunden und können entsprechend leicht mobilisiert werden. Dies kann sowohl durch Wind als auch durch Regenwasser erfolgen. Es gibt einige Untersuchungen, die auf eine erhöhte Asbestbelastung der Luft in der Nähe von Gebäuden mit Asbestzementdächern deutet [Spurny 1989][Krakowiak 2009].
Untersuchungen in Südafrika konnten Asbestfasern sowohl in Sedimenten in Dachrinnen als auch im Boden in direkter Umgebung zu mit Asbestzement gedeckten Häusern nachweisen [Campopiano 2009][Phillips 2016].
Ganz besonders schnell werden die Fasern freigesetzt, wenn man auf die glorreiche Idee verfällt, sein Asbestzement-Dach mit einem Hochdruckstrahler zu reinigen (was aus gutem Grund hier bei uns verboten ist).
Die freigesetzten Fasern stellen eine Gefahr für Mensch und Umwelt dar. Sie stehen auch im Verdacht, bei Leuchtturmwärtern für erhöhte Magenkrebsraten verantwortlich zu sein. In diesen Fällen dienten Asbestzementdächer auch zum Auffangen von Regenwasser für die Wasserversorgung [Andersen et al. 1993][Kjærheim et al. 2005].
ZitatAsbestfasern im Boden Wie Asbestfasern in den Boden gelangen können, und was dort grob gesagt mit ihnen geschieht, hatte ich ja schon einmal umrissen. Im Nachhinein war das vielleicht etwas sehr grob umrissen, aber man lernt ja auch immer mehr hinzu. Einmal in den Boden gelangt, ist die Geschichte für die Fasern ja noch nicht zu Ende. Wie alle Minerale unterliegen sie hier verschiedenen Einflüssen, bei denen in erster Linie die Verwitterung zu nennen ist. Dazu zählen auch verschiedene Interaktionen mit unterschiedlichen Lebewesen und anderen im System Boden befindlichen Stoffen, welche das Verhalten und die Veränderungen der Fasern beeinflussen können.
Dem einen sein Tod, dem anderen sein Brot Gelangen Asbestfasern in normalen Boden, interagieren sie dort auf eine recht vielfältige Weise mit den anwesenden Lebewesen und deren Ausscheidungen. Zum einen können Asbestfasern natürlich Tieren ebenso schaden wie sie uns Menschen schaden. Daher sind zumindest lungenatmende Wesen gefährdet. Mir liegen keine Daten vor, was Tracheenatmung angeht.
Pflanzen können vermutlich ebenfalls negativ von Asbest im Boden beeinflusst werden. Untersuchungen an Böden bei Asbestminen und Asbestzementfabriken konnten zeigen, dass die Verfügbarkeit von Blattnährstoffen durch die Anwesenheit von Asbestmineralen negativ beeinflusst wird [Trivedi & Ahmad 2013].
ZitatWie mobil ist Asbest im Boden? Bislang ging man immer davon aus, dass Asbestfasern im Boden weitgehend immobil sind und der Boden quasi als Filter wirkt [Fuller 1977]. In den letzten Jahren wurden aber immer wieder überraschende Funde von Asbestfasern im Untergrund gemacht, die mehrere hundert Meter von ihrer ursprünglichen Quelle entfernt waren. Diese Funde könnten auf einen Transport der Asbestfasern durch zum Beispiel Sickerwasser und Grundwasser hindeuten.
Wird das so kontaminierte Grundwasser jetzt gefördert und für Bewässerung oder Luftbefeuchtung genutzt, kann dies zu einer erhöhten Faserexposition bei Menschen führen [Turci et al. 2016][Roccaro & Vagliasindi 2018].
Aber wie können die Fasern aus Deponien oder belastetem Boden heraus und dann in das Grundwasser gelangen?
Tonverlagerung als Beispiel Dazu muss man verstehen, wie sich Mineralpartikel, und Asbestfasern sind ja nichts anderes, im Boden verhalten können. Als Beispiel können Tonminerale dienen. Diese meist aus plättchenförmigen Schichtsilikaten bestehende Bodenfraktion kann Kolloide bilden und ist damit innerhalb der Bodensäule durchaus mobil. Dieser als Lessivierung bekannte Prozess führt zu einer Tonverlagerung in tiefere Bodenhorizonte.
Die Tonminerale zeigen meist eine negative Oberflächenladung und können bei weitgehender Abwesenheit von mehrwertigen Kationen in Suspension gehen und fallen erst dort wieder aus, wo genügend mehrwertige Kationen, meist Calcium und Magnesium, im Angebot sind. Hier bilden sich sogenannte Tonanreicherungshorizonte. Der Prozess der Lessivierung wird stark vom pH-Wert des Bodens beeinflusst und stellt eine Stufe der Bodenversauerung dar.
Der pH-Wert und die Stärke der beteiligten Ionen ist bei der Mobilität von Kolloiden im Boden nur ein Faktor, weitere Faktoren sind die Größe und Form der Kolloide sowie der zur Verfügung stehende Porenraum im Boden selber. Daneben spielen auch die Anwesenheit von Phosphaten und gelöstem organischem Kohlenstoff oft eine große Rolle.
Eigenschaften von Asbest Die gemeinhin als Asbest bezeichneten Minerale, so unterschiedlich sie auch sonst sein mögen, zeichnen sich durch ihre extreme Faserförmigkeit aus. Das heißt, sie sind zwar meist dünn, aber auch im Verhältnis zu ihrem Durchmesser sehr lang, oft bis zu 100 µm. Kein Wunder, dass man landläufig gerne davon ausgeht, dass so ein Mineral von den Poren im Boden recht wirkungsvoll zurückgehalten wird [Bradford et al. 2006]
Allerdings kann man sich auch problemlos vorstellen, dass Fasern entlang ihrer Längsachse durch Poren passen, welche zwar schmaler als die Faser lang, jedoch breiter als der Faserdurchmesser sind. Zumal, wenn diese Fasern auch noch leicht biegbar sind, wie z.B. beim Chrysotil.
Chrysotil, als der weltweit am häufigsten technisch verwendete Asbest, hat bei neutralem pH-Wert im Wasser eine positive Oberflächenladung. Die Partikel im Boden zeigen meist eine negative Oberflächenladung, so dass die elektrostatische Anziehung zwischen dem Chrysotil und den Partikeln im Boden eigentlich die Mobilität der Faser einschränken sollte. Eigentlich.
Das Problem ist nämlich, dass die Oberflächenladung durch einen geringeren pH-Wert oder auch die Anwesenheit gelöster organischer Substanz umgedreht werden kann. Dadurch wird die Mobilität von Asbest im Boden gefördert.
Dabei ist gelöste organische Substanz, gerne auch als DOM (dissolved organic matter) genannt, in einem natürlichen Boden reichlich vorhanden, auch wenn darunter eine Asbestdeponie liegt. Schließlich gehört das Aufbringen von durchwurzelbarem Mutterboden zu den abschließenden Maßnahmen, wenn eine Deponie geschlossen wird. Dies ist die Grundlage für eine schützende, geschlossene Pflanzendecke und auch die oben angedachten biologischen Abbauprozesse von Asbest kommen ohne nicht aus.
Mobilität von Asbestfasern In einer aktuellen Studie haben sich Forschende das Verhalten von Asbest im Boden einmal etwas genauer angesehen [Mohanty 2021]. Als Beispiel wurde Chrysotil ausgewählt, da dieser Asbesttyp der weltweit am häufigsten technisch verwendete ist. Aus diesem Grund ist er auch auf den entsprechenden Deponien reichlich vorhanden und stellt vermutlich auch auf den allermeisten wilden Altlasten den Hauptanteil.
In Säulenversuchen zeigte sich, dass die Anwesenheit von gelöster organischer Substanz die Beweglichkeit der Chrysotilfasern deutlich steigerte. Dagegen fand in den Säulen, in denen die gelöste organische Substanz nicht zugesetzt wurde, kein nennenswerter Transport statt.
Am effektivsten wirkten Fulvosäuren, die, ähnlich wie Huminsäuren, bei der Zersetzung von Pflanzenmaterial im Boden freigesetzt werden. Auch Huminsäuren steigerten die Beweglichkeit der Chrysotilfasern im Boden deutlich. Dagegen wirkte sich sonstige organische Substanz nicht sehr auf die Beweglichkeit aus.
Wie wirkt gelöste organische Substanz? Die gelöste organische Substanz verändert das Verhalten der Asbestfasern als Suspension im Porenwasser. Dadurch wird die Suspension stabilisiert und es kommt zu geringeren Wechselwirkungen mit den umgebenden Partikeln. So dauerte es auch bei der Sedimentation aus der Suspension in Anwesenheit von Fulvosäuren erheblich länger, bis sich die suspendierten Asbestfasern ablagerten. War die gelöste organische Substanz abwesend, sedimentierten die
Fasern relativ rasch am Boden ab. Außerdem hat Chrysotil normalerweise eine positive Oberflächenladung, das Zeta-Potential beträgt in Wasser rund 2,34 mV. Die Anwesenheit gelöster organischer Substanz kann dieses ins Negative drehen, dass es rund -44,45 mV beträgt (bei 10 mg/l bei pH 7). Diese Änderung kann zu einer stärkeren Abstoßung der suspendierten Asbestfasern mit den ebenfalls meist negativen Partikeln im Boden führen.
Asbest steht damit nicht alleine. Auch andere Minerale mit einer positiven Oberflächenladung wie z.B. Hämatit, Goethit und Magnetit werden in Anwesenheit gelöster organischer Substanz mobiler[Philippe & Schaumann 2014].
Die Änderung der Oberflächenladung alleine ist aber vermutlich nicht der Grund für die erhöhte Mobilität, da weder eine Erhöhung des pH-Wertes oder das Hinzufügen von Phosphat vergleichbare Resultate hinsichtlich einer Erhöhung der Mobilität bewirkte. Beides sollte ebenfalls zu einer Umkehrung der Oberflächenladung bei Chrysotil führen. Auch die Verwendung von Bodensickerwasser, das ebenfalls gewisse Anteile an organischer Substanz enthält, führte bei Säulenversuchen mit Sand zu keiner Erhöhung der Mobilität bei Chrysotil.
Möglicherweise beeinflusst die gelöste organische Substanz das Aggregationsverhalten und die Wechselwirkungen dieser Chrysotilaggregate mit den Bodenpartikeln. Dabei zeigten sich Fulvosäuren am wirkungsvollsten, danach folgten auf den Plätzen Huminsäuren und zuletzt natürliche organische Substanz (NOM).
Das Zeigt, dass es durchaus auf die Art und Qualität der beteiligten organischen Substanz ankommt, wenn es um die Mobilität von Asbest im Boden geht. Das kann mit negativ geladenen funktionalen Gruppen wie z.B. Carboxyl-Gruppen zusammenhängen, welche sich an positiv geladene Oberflächen binden und mit ihnen Komplexe bilden können.
Auswirkungen Die oben beschriebenen Erkenntnisse sind zumindest für mich recht neu. Sie können sehr weitreichende Konsequenzen für die Asbestexposition von vielen Menschen haben, wenn sie in der Nähe von asbestbelasteten Flächen leben. Die Erkenntnisse werfen auch ein etwas kritisches Licht auf Urteile wie sie in diesem Jahr das Landgericht Stuttgart (AZ: 12 O 153/19 vom 01.03.2021) gefällt hat. Hier ging es um ein asbestbelastetes Gartengrundstück, nachdem ein benachbartes Asbestzementdach abrasiv gereinigt worden war.
Das Gericht sah keine Beeinträchtigungen der Nutzung des Grundstücks und der Umwelt, nachdem ein Gutachter die Fasern als in der Bodenmatrix fixiert sah. Und die daraus resultierenden Pressemeldungen, die Asbestabfälle zukünftig ebenfalls in Bodenmatrix fixieren möchte und gegebenenfalls „wilde“ Deponien von Asbestzementen in Wäldern ungeahndet bleiben lassen will, kann wohl auch durchaus kritisch gesehen werden[Koop 2021]. Ich halte das für mehr als fragwürdig, und es wird auch durch das Gerichtsurteil nicht gedeckt.
Asbest ist ein Thema das mich seit langem fasziniert - bzw. das Drumherum.
Neben seinen zahlreichen Opfern gibt es auch unzählige ältere Hand- und Heimwerker, die Unmengen an Asbestplatten geschnitten haben, Dachsteine und Behänge etc. und dabei herzhaft eingeatmet haben und davon anscheinend keine Schäden zurückbehalten haben. Wie kommt das? Sehr spannend hinsichtlich auch Feinstaub, Silikosen usw.
Baustoffe generell. Dort tut sich so viel. Es gibt mittlerweile faszinierende ökologische oder umweltverträgliche Stoffe und Alternativen zu Konventionellem. Und gleichzeitig immer noch „Innovationen“ mit brutalster Chemie. Dachdecker z.B.schmieren seit einigen Jahren alles mit Flüssigkunststoffen zu. Da gibt’s es unterschiedlichen Dreck, stinkt und reagiert noch im Topf exotherm bevor es verstrichen ist. Dachabdichtungsfolien - reinste Weichmacherbomben. Und die gleich Firmen bieten Folien ohne Weichmacher an Die ähnlich gut ihren Zweck erfüllen etc.
Hinsichtlich Umwelt- und Klimaschutz sind Bau-, Chemie und Bauchemiebranchen ja mitentscheidend. Schön, wenn irgendwann alle CO2-neutral produzieren. Aber die Giftsoße an Produkten muss sich auch noch grundlegend ändern. Da wird z.T. noch Greenwashing betrieben das die Schwarte kracht.
Nochmal Asbest: Warum lässt der Staat ausgerechnet dabei die Menschen allein bei den hohen Entsorgungskosten bzw. der Sanierung. Der Staat hat’s geduldet, unternehmen kräftig kassiert - jetzt muss er regulieren. Wird doch sonst auch so gehandhabt. Beim öffentlich-rechtlichen reichte zuletzt ein Belüftungsrohr aus Eternit hinter der Wand bzw. in der Mauer - also kein Gefährdungspotenzial - umein ganzes Gebäude neu zu errichten. Wer kann der kann.
Mich würde interessieren ob die vielen Bestandsbauten mit Asbest nicht irgendwie modifiziert werden können. Silikatfarben werden immer beliebter. Gibt es nichts auf Silikatbasis, was mit den Asbestfasern reagieren kann um sie unschädlich zu machen? Es handelt sich doch um ein Strukturproblem der Moleküle?