Das Zytomegalievirus bleibt nach einer Infektion lebenslang im Körper, auch wenn das Immunsystem in der Regel keine Probleme damit hat, das Virus in Schach zu halten. Leider treibt aber die unterschwellige Infektion die Alterung des Immunsystems an, da sich im Laufe der Zeit Unmengen an spezifisch auf das CMV-Virus ausgerichteten T-Zellen bilden. Bislang sind weder Impfungen verfügbar, noch Eradikationsstrategien in Sicht. Erfolge in diesem Forschungsbereich wären ein wichtiger Etappensieg gegen die Alterung des Immunsystems.
Eine Zytomegalievirus-Infektion mag zwar bei einem ansonsten intakten Immunsystem relativ harmlos verlaufen und kann in der Regel auch gut in Schach gehalten werden. Allerdings gehe ich trotzdem davon aus, dass dich ein CMV-Infekt um das ein oder andere gesunde Lebensjahr berauben kann. Immunoseneszenz ist alles andere als wünschenswert!
Wenn man CMV künftig wieder loswerden könnte, wurde heute im Fightaging-Blog anhand einer aktuellen Studie überlegt:
Fazit: Hauptächlich sind nur zwei Virusgene dafür verantwortlich, CMV-infizierte Zellen vor dem Immunsystem zu verbergen. Schaltet man diese experimentell aus, hat das Immunsystem (genauer gesagt: NK-Zellen) wieder einen Angriffspunkt.
CMV ist zumindest in der Transplantationsmedizin ein wichtiges Thema. Ein finanzieller Anreiz zur Entwicklung einer CMV-Eradikationstherapie wäre also vorhanden.
Diese Studie finde ich sehr interessant. Möglicherweise könnte die Eliminierung des CMV-Virus sich als einfacher erweisen als gedacht!
Der Trick: Offenbar kann man die "schlafenden" Zytomegalie-Viren mit Chloroquin aktivieren (ja, das ist die Substanz, die wir hier bereits im Senolysis Program besprochen hatten!). Die Idee: Erst Viren aus der Reserve locken, und sie anschließend durch antivirale Medikation (die gibt es längst) vernichten. Ohne Reservoir wäre - so die Theorie - die Infektion dauerhaft geheilt. Man darf gespannt sein!
Eine Zytomegalievirus-Infektion wird meist als harmlos angesehen, dabei verursacht CMV eine Depletion der naiven T-Zellen. Im Fightaging-Blog wird eine Zerstörung der CMV-spezifischen T-Zellen angedacht:
Das allein wird aber nicht die Lösung des Problems darstellen. Die beste Lösung besteht konsequenterweise in einer Heilung der CMV-Infektion. Der Ansatz, die CMV-spezifischen T-Zellen zu zerstören wäre "Plan B" - und müsste mit einer Thymusrejuvenation kombiniert werden, um effektiv zu sein.
Zytomegalievirus-Infektionen sind weit verbreitet, ca. 50-70% der erwachsenen Bevölkerung sind CMV-positiv. Den eigenen Status kann man z.B. erfahren wenn man Blut spendet - dabei wird automatisch auf CMV getestet. Auch eine schlummernde CMV-Infektion ohne Reaktivierung verursacht eine Telomerverkürzung in den Zellen des Immunsystems:
Die ständigen CMV-Reaktivierungen zerschießen auf die Dauer das Immunsystem, weil die Reserve an naiven T-Zellen verbraucht wird. Gäbe es Möglichkeiten, das Immunsystem vor diesem Dauerbeschuss zu schüttzen? Möglicherweise ja:
Z.B. lässt sich durch eine medikamentöse Dauerprophylaxe die CMV-Immunsenesz bei Mäusen verhindern:
Antiviral Therapy Can Reverse the Development of Immune Senescence in Elderly Mice with Latent Cytomegalovirus Infection http://jvi.asm.org/content/87/2/779.full
Wenn man so etwas liest, drängt sich natürlich der Verdacht auf, dass eine antivirale Prophylaxe möglicherweise nicht nur für Organtransplantierte sinnvoll sein könnte.
Die Autoren lehnen sich mit ihrer Einschätzung erstaunlich weit aus dem Fenster:
ZitatSeveral epidemiological studies of older individuals have demonstrated an association between an elevated CMV-specific immune response and a relative reduction in overall survival. [...]Two features of CMV infection in humans are that it markedly increases the number of memory cells in the peripheral blood and reduces the naïve T pool. These factors could impair immune function in CMV-seropositive donors, and it is important to observe that antiviral treatment is able to correct this effect in the murine model. Naïve T cells comprised 37% of CD8+ T cells in the 18-month-old MCMV-neg mice, but this was reduced to only 15% in the MCMV-infected group. Remarkably, valaciclovir treatment was able to completely reverse this to a value of 42%. The effector memory CD8+ T-cell pool was almost doubled in frequency in the virally infected group, and this increase was completely suppressed with antiviral treatment. These observations seem particularly auspicious for a potential therapeutic role of valaciclovir in reversing the expansion of clonal CMV-specific CD8+ T cells within the peripheral blood of CMV-infected adult humans.
Allerdings wurden die Studien-Mäuse für ein Mäuse-Jahr behandelt. Für Menschen sind da deutlich längere Zeiträume anzusetzen, und daher ergibt sich z.B. das Problem, dass durch die Prophylaxe ein Selektionsdruck auf die Viren stattfindet, die entsprechende Resistenzen fördern kann.
Ich bleibe dabei - eine CMV-Eradikation wäre die sinnvollste Lösung. Am besten in Kombination mit einer Thymus-Erneuerung.
Thema Immunoseneszenz: Die Zahl der CD16-Lymphozyten nimmt mit dem Alter ab, Hier bei Personen zwischen 90 und 106 Jahren gezeigt. Gibt man in Proben deren Blutes Krebszellen dazu und misst die Zeit, die diese für deren Elimination benötigen fallen zwei Dinge auf: je höher der Vitamin-D-Spiegel ausfällt um so besser. Bis 30 ng/ml, danach fällt die Kurve leicht ab. Und je mehr Muskeln (gemessen: der Querschnitt der Oberarmmuskulatur) um so besser da die Zahl der Lymphozyten dann um so höher ausfällt bzw. die Zeit für die Zerstötung der Krebszellen somit sinkt.
Also auf ausreichend Vitamin D achten und die Muskelmasse möglichst weit oben halten- denn: "der Muskel weiss nicht, ob er 20 oder 80 Jahre alt ist" (Ulrich Strunz)
ZitatIncreasing evidence has demonstrated that the immune system closely interacts with other physiological systems, whose communications are mediated by circulating cytokines and hormones. The aim of our study was to test whether the number and cytolytic activity of NK cells in a group of relatively healthy Italian nonagenarians and centenarians were affected by the modifications of endocrine, metabolic and functional parameters that occur during ageing. Because of the extreme age of the study population, a cross-sectional analysis was performed. This study revealed that the group of oldest subjects with the highest number of NK cells and the best preserved cytolytic function also presented a preserved metabolism of thyroid hormones and vitamin D and integrity of muscle mass. In fact, the NK cell number and/or cytolytic activity of healthy subjects > 90 years old was positively associated with serum levels of vitamin D, while T3, FT4, i-PTH hormones and lean body mass were associated only with NK cell number. In conclusion, our results stress the paramount importance of nutritional evaluation in the clinical assessment of elderly people.
Neuer Wirkstoff gegen Herpesviren macht Hoffnung Bei jedem zweiten Erwachsenen in Deutschland schlummern CMV-Herpesviren im Körper: Aktive Viren können bislang nur mit starken Nebenwirkungen bekämpft werden. Nun gibt es einen neuen Weg.
Ein von Dresdner Ärzten geführtes Medizinerteam hat einen schonenden Wirkstoff gegen vom CMV-Herpesvirus verursachte Erkrankungen gefunden. In einer Studie wiesen sie und US-Kollegen nach, dass Letermovir die Aktivierung des Virus verhindern und eine Infektion nebenwirkungsfrei bekämpfen kann, wie Initiator Professor Gerhard Ehninger sagte.
Die Ergebnisse der Untersuchungen mit 131 Patienten an 30 Kliniken wurden im „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht. Das Fachmagazin spricht vom „Aufbruch in eine neue Ära der Virusbehandlungen“. Das sei angesichts des Umstandes, dass das Cytomegalievirus in jedem zweiten Erwachsenen in Deutschland schlummere und Betroffene damit potenziell gefährdet seien, von größter Bedeutung, sagte Ehninger. Er rechnet 2016 mit einem einsatzfähigen Medikament, da die Zulassungsstudie noch aussteht.
Auch der Tübinger Virologe Professor Thomas Mertens, der selbst zum CMV forscht, hält Letermovir für vielversprechend. „Es eröffnet die Möglichkeit, auch Viren zu behandeln, die zu klassischen Substanzen Resistenzen entwickelt haben.“
Letermovir bremst Cytomegalieviren Letermovir ist ein einmal täglich oral einzunehmendes Chinazolin-Derivat, das sich für die Prävention und Therapie von HCMV-Infektionen in der Entwicklung befindet und in einer Phase-II-Studie bei HCMV-positiven Knochenmark-Transplantationspatienten alle primären Endpunkte erreicht hat.
ZitatEs hemmt die virale Terminase humaner Cytomegalie-Viren und verhindert bei der Virus-Replikation eine Verteilung der DNA auf die neu gebildeten Kapside. Daher werden keine Kreuzresistenzen mit bereits zugelassenen Wirkstoffen erwartet. Außerdem unterscheidet sich das anvisierte Virus-Enzym stark von humanen Enzymen, so dass Letermovir gut verträglich ist. In der Phase-II-Studie wurde bei 131 HCMV-positiven Patienten, die sich einer Knochenmarktransplantation unterziehen mussten, die Wirksamkeit von Letermovir hinsichtlich der Unterdrückung einer Virus-Reaktivierung oder neuerlichen Infektion im Vergleich zu Placebo untersucht. Die Teilnehmer erhielten prophylaktisch einmal täglich Letermovir oder Placebo über einen Zeitraum von zwölf Wochen nach Transplantation. Letermovir reduzierte dosisabhängig und signifikant das Risiko einer HCMV-Replikation in den transplantierten Patienten und wurde in allen verabreichten Dosierungen sehr gut vertragen.
Cytomegalovirus infection accelerates epigenetic aging. Epigenetic mechanisms such as DNA methylation (DNAm) have a central role in the regulation of gene expression and thereby in cellular differentiation and tissue homeostasis. It has recently been shown that aging is associated with profound changes in DNAm. Several of these methylation changes take place in a clock-like fashion, i.e. correlating with the calendar age of an individual. Thus, the epigenetic clock based on these kind of DNAm changes could provide a new biomarker for human aging process, i.e. being able to separate the calendar and biological age. Information about the correlation of the time indicated by this clock to the various aspects of immunosenescence is still missing. As chronic cytomegalovirus (CMV) infection is probably one of the major driving forces of immunosenescence, we now have analyzed the correlation of CMV seropositivity with the epigenetic age in the Vitality 90+cohort 1920 (122 nonagenarians and 21 young controls, CMV seropositivity rates 95% and 57%, respectively). The data showed that CMV seropositivity was associated with a higher epigenetic age in both of these age groups (median 26.5 vs. 24.0 (p < 0.02,Mann–Whitney U-test) in the young controls and 76.0 vs. 70.0 (p < 0.01) in the nonagenarians). Thus, these data provide a new aspect to the CMV associated pathological processes.
Danke @La_Croix! CMV-Infekte werden viel zu sehr vernachlässigt. CMV-Infizierte sterben in der Regel schon früher als mit 90 Jahren, unter anderem auch weil die Alterungsgeschwindigkeit beschleunigt wird. Außerdem kann man davon ausgehen, dass CMV allein schon durch die Immunseneszenz z.B. Krebserkrankungen begünstigt.
Ich habe auch nach Studien dazu gesucht, ob eine persistierende Epstein-Barr Infektion zu schnellerer Alterung führt.
Erscheint mir logisch, da dies bei CMV und HIV der Fall ist. Finde dazu allerdings nichts. Weißt du zufällig, ob EBV was Alterung betrifft harmlos ist? Immerhin ist EBV genauso wie CMV ein Herpesvirus und sehr weit in der Bevölkerung verbreitet.
EBV-Infekte steigern das Risiko für einige Krebserkrankungen. Und zwar nicht nur durch Integration der Herpesviren in das Genom, sondern auch durch epigenetische Änderungen:
Durch die wiederholten geringgradigen Entzündungsreaktionen einer EBV-Infektion wird das Inflamm-Aging zwar angefeuert, aber durch CMV wird eine ausgeprägerte Immunosenesz hervorgerufen als durch EBV.
Je mehr Zytomegalieviren und andere Herpesviren man hat, desto schneller altert man wohl... Menschen die allein mit dem Zytomegalovirus Infiziert sind, sind laut Studienergebnisse durchschnittlich um 12 Jahre vorgealtert. Und die alterbeschleunigenden Wirkungen der unterschiedlichen Herpesviren addieren sich bei Infektion mit den unterschiedlichen Viren noch! Einzige Ausnahme, scheint der EBV zu sein.
Persistent Herpesvirus Infections and Telomere Attrition Over 3 Years in the Whitehall II Cohort
ZitatThe determinants of telomere attrition, a potential marker of cellular aging, are not well understood. Persistent herpesvirus infections including cytomegalovirus (CMV) infection may be particularly important for telomere dynamics via mechanisms such as inflammation, oxidative stress, and their impact on peripheral blood lymphocyte composition. This study examined the association of 4 human herpesviruses (CMV, herpes simplex virus type 1, human herpesvirus type 6, and Epstein-Barr virus) with change in leukocyte telomere length (LTL) over 3 years in 400 healthy individuals (aged 53–76 years) from the Whitehall II cohort. CMV, herpes simplex virus type 1, and human herpesvirus 6 infection were independently associated with greater 3-year LTL attrition, with no association found for Epstein-Barr virus. The magnitudes of these associations were large, for example, the equivalent of almost 12 years of chronological age for those CMV seropositive. Seropositivity to more herpesviruses was additively associated with greater LTL attrition (3 herpesviruses vs none, β = −0.07 and P = .02; 4 infections vs none, β = −0.14 and P < .001). Higher immunoglobulin G antibody levels among those seropositive to CMV were also associated with shorter LTL at follow-up. These associations were robust to adjustment for age, sex, employment grade, body mass index, and smoking status. These results suggest that exposure to infectious agents should be an important consideration in future studies of telomere dynamics.
ZitatSeveral lines of evidence suggest that cytomegalovirus (CMV) may play an aetiological role in schizophrenia. Epidemiologically, both have a worldwide distribution and an increased prevalence in lower socioeconomic groups. Studies have reported that some patients experiencing initial episodes of schizophrenia have increased levels of IgG antibodies against CMV, but not other herpes viruses, in their sera and CSF. Treatment with antipsychotic medications may result in a decrease in CMV antibodies, while treatment with anti-herpes virus and anti-inflammatory medications may reduce symptoms in some individuals with schizophrenia. There is also some overlap in the genes that are thought to operate in CMV infections and schizophrenia.
Zitat Seropositive hatten eine erhöhte Sterblichkeit [44]. Das Ausmaß dieses Effekts war ähnlich groß wie das eines erhöhten C-reaktiven Proteins und war unabhängig davon. Der beobachtete Unterschied aufgrund von CMV wurde durch die Kontrolle von Alter, Geschlecht, Rauchen, Diabetes und Adipositas abgeschwächt, blieb aber dennoch signifikant. Die mediane Verkürzung der Lebenserwartung im Vergleich zu einer seronegativen Person betrug etwa 12 Monate. [...] Auf diese Weise kann ein weit verbreitetes und scheinbar harmloses Virus tiefgreifende Auswirkungen auf die Langlebigkeit unserer Spezies haben. Das Cytomegalovirus verdient es, in den Industrieländern ausgerottet zu werden, als Auftakt zu einer weltweiten Ausrottung, welche aufgrund des frühen Alters, in dem das CMV in den Entwicklungsländern erworben wird, schwieriger zu erzielen ist
Ein ganzes Jahr Lebsnszeitverlust allein durch die CMV-bedingte schnellere Alterung des Immunsystems! CMV-Infekte sollten klinisch mehr Aufmerksamkeit bekommen.
ZitatDie Inzidenz des CMV-bedingten Glioblastomen beträgt 0,6 bis 2,2 Fälle pro 1000 Fälle einer primären CMV-Infektion. In einer prospektiven Beobachtungsstudie mit 506 Patienten mit Glioblastomen wurde bei 63 (12,4 %) eine primäre CMV-Infektion festgestellt, die durch Immunglobulin-M-Antikörper mit IgG-Avidität in Kombination mit CMV-PCR im Plasma nachgewiesen wurde[41]. In einer Fallserie von 42 Patienten mit Glioblastomen und Seropositivität für eine aktuelle oder zurückliegende CMV-Infektion wurde in einem Drittel der Fälle CMV-DNA im Liquor nachgewiesen [42].
ZitatDarüber hinaus liegen aus aktuellen Studien Daten vor, die auf einen Zusammenhang zwischen einer Infektion mit dem humanen Cytomegalievirus (HCMV) und einer Aortendissektion schließen lassen.
ZitatAktuelle Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass CMV durch die Umgestaltung des Gefäßsystems und die Alterung des Immunsystems eine kritische Rolle bei der Bestimmung der menschlichen Lebenserwartung spielen könnte.
CMV betrifft durchschnittlich ca. 50% der Bevölkerung - als ungefähre Faustregel entspricht dein Alter etwa der Wahrscheinlichkeit in Prozent, das du CMV-positiv bist. CMV gilt zwar für immunkompetente Menschen als weitgehend harmlos, allerdings resultiert eine dauerhafte geringgradige chronische Entzündungsreaktion mit entsprechenden Konsequenzen für die Alterungsgeschwindigkeit.
Bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung von ca. 78 Jahren sind die Auswirkungen statistisch gesehen relativ gering, aber die vorzeitige Alterung des Immunsystems ist aus meiner Sicht dramatisch. Die derzeitigen Therapiemöglichkeiten sind für immunkompetente Menschen aus meiner Sicht derzeit nicht geeignet (die Niere altert mit den derzeit verfügbaren Therapien schneller) allerdings sehe ich hier einen klaren Bedarf für die Entwicklung von Eradikationstherapien oder zumindest für eine Kontrolle der Virusreplikation mit gutem Nutzen/Risiko-Verhältnis.