Es gibt verschiedene strategische Ansätze mit Blick auf eine Lebensverlängerung. Hier ein Vorschlag für eine Einteilung:
Typ A-Strategien Typ A-Strategien sind Maßnahmen, die einer beschleunigten Alterung (=sekundären Alterung)entgegenwirken sollen. Darunter fallen beispielsweise Verzicht auf Rauchen, oder Vermeidung von Übergewicht. Auch Bewegung und Sport fallen unter diese Kategorie. Die Heilung oder Behandlung von bereits bestehenden Erkankungen ist ebenfalls eine Typ A-Strategie. Die meisten medizinischen Interventionen fallen unter diese Kategorie. Andere Strategien machen erst Sinn, wenn bei Typ A kein Handlungsbedarf besteht und bauen somit auf den Typ A-Strategien auf.
Typ B-Strategien Bei den Typ B-Strategien handelt es sich um Maßnahmen, die eine Verlangsamung des normalen Alterungsprozesses bewirken sollen. Der Klassiker im Tierexperiment ist die Kalorienrestriktion. Fastenstrategien wie Intermittend Fasting oder temporäre Methioninrestriktion zählen zu dieser Kategorie, aber auch die Forschungsbestrebungen, die eine medikamentöse Verlangsamung des Alterungsprozesses beabsichtigen. Auch hormetisch wirksame Maßnahmen zählen zu den Typ B-Strategien.
Typ C-Strategien Typ C-Strategien sind Interventionen, welche die biologische Uhr des Organismus zurückstellen sollen. Der klassische Jungbrunnen also. Vertreter der SENS-Strategie um Aubrey de Grey gehen davon aus, dass Altern mit der Ansammlung von molekularen und Organschäden gleichzusetzen sei. Demzufolge wäre eine vollständige Reparatur aller Schäden das erklärte Ziel bei der Typ C-Strategie. Aus der Sicht einer programmierten Alterung müssten lediglich die molekularen Altersprogramme bis zu einem gewissen Punkt resettet werden. Typ C-Strategien bauen nicht auf Typ B-Strategien auf. Allerdings ist eine sequentielle Nutzung von Typ B und Typ C denkbar.
Typ D-Strategien Wird hingegen zur Lebensverlängerung eine Strategie verfolgt, die auf den Austausch fragiler biologischer Elemente abzielt, haben wir es mit einer Typ D-Strategie zu tun. Der Klassiker: Was, wenn du in einigen Jahrzehnten unter einer nicht mehr reparablen Herzinsuffizienz leidest? Gut möglich, dass du dich dann entscheidest, dir ein Kunstherz einpflanzen zu lassen. Gibt es ja bereits, ist aber mit dem biologischen Vorbild (noch) nicht konkurrenzfähig. Typ D-Strategien haben das Potential, als Nebeneffekt sogar über die biologischen Limitationen hinauszugehen.
Typ A-Strategien sind bei einem intakten jugendlichen Organismus zwar nicht völlig verzichtbar, aber in jungen Jahren werden auch viele grobe Schnitzer vom Stoffwechsel erstaunlich gut toleriert. Je weiter die Alterung fortgeschritten ist, desto wichtiger werden Typ A-Strategien für das Überleben.
Typ B-Strategien werden hingegen umso unwichtiger, je weiter der Organismus bereits gealtert ist. Je früher mit Typ B-Strategien begonnen wird, desto größer der Benefit. Erfolgreiche Typ B-Strategien haben den Vorteil, dass sie nachwirken. Will heißen: Hast du mit 50 noch das Aussehen und den Stoffwechsel eines 40-Jährigen, bleibt dieser relative Vorteil auch in den Folgejahren bestehen. Fast jeder sähe wohl gerne jünger aus, als es seinem biologischen Alter entspräche. Mit einer über viele Jahre erfolgreich durchgeführten Typ B-Strategie würde das Realität! Die aktuelle Longevity-Forschung hat hauptsächlich Typ B-Strategien als erklärte Zielsetzung, z.B. im Sinne einer Medikamentenentwicklung (Geroprotektoren).
Typ C-Strategien müssten periodisch im Rahmen einer Kur wiederholt werden. Derzeit gibt es Typ C-Strategien nicht einmal im Tiermodell. Allerdings werden Typ C-Strategien vermutlich anfangs nur unvollständige Ergebnisse liefern und mit diversen Risiken behaftet sein.
Typ D-Strategien sind nicht ferne Zukunftsmusik, sondern bereits klinischer Alltag. Gelenkersatz gefällig? Oder neue Augenlinsen? Cochlea-Implantate? Nicht erst seit den Pistorius-Prothesen ahnt man, dass der Ersatz nicht zwingend schlechter sein muss als das biologische Vorbild. Der entscheidende Durchbruch von Typ D-Strategien wird aber erst erfolgen, wenn es gelingt, brauchbare Schittstellen zwischen Computer und dem neuronalen Netzwerk herzustellen.