Sehr wichtig, und wir haben das in der Form hier im Forum noch gar nicht explizit aufgetriffen, aber die Thematik verdient definitiv ein eigenes Thread!
Muskelkraft und kardiorespiratorische Fitness sind beide wichtige Prädiktoren für die Lebenserwartung und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Neben der Kraft nimmt aber auch die "Muskelkraftentwicklungsgeschwindigkeit", also die relative Muskelpower (rPOW), eine zentrale Rolle ein. Eine geringe rPOW ist ein deutlich stärkerer Prädiktor für die Sterblichkeit ist als die reine Muskelkraft! Das bedeutet: Wie schnell du Kraft aufbauen kannst, ist für das langfristige Überleben wichtiger als die reine Maximalkraft!
Beim Altern nimmt die Fähigkeit, schnell Kraft zu entwickeln, deutlicher ab als die Maximalkraft. Das ist relevant, da viele Alltagsaufgaben wie z.B. das Verhindern eines Sturzes, auch Geschwindigkeit und nicht nur Kraft benötigen. Die Autoren der Studie fordern, dass Muskelpower in die Beurteilung von Sarkopenie und funktioneller Einschränkungen integriert wird, da bisherige Kriterien diesen Aspekt noch nicht ausreichend berücksichtigen.
Power-orientiertes Krafttraining verbessert funktionelle Fähigkeiten stärker verbessern als herkömmliches Maximalkrafttraining!
Konkret geht es mir in diesem Thread um Explosivkraft/Schnellkrafttraining. Diese Qualitäten gehen im Alterungsprozess am drastischsten verloren und genau hier lohnt sich ein gezieltes Gegensteuern! Es geht darum, sich funktionell wieder zu verjüngen und evtl verloren gegangene Fähigkeiten wieder zu erlangen.
Bei der rPOW geht es übrigens nicht nur um die absolute Kraft, sondern um die relative Kraft: Die rPOW ist ein Maß für die explosive Leistung pro kg Körpergewicht. Wenn du zum Beispiel dein Viszeralfett reduzierst und dabei deine Muskelmasse stabil bleibt, steigerst du damit bereits automatisch deine rPOW.
Die rPOW eignet sich auch, um Athleten unterschiedlicher Größe und Gewicht objektiv zu vergleichen oder um Trainingsfortschritte bei gleichzeitig geändertem Körpergewicht zu objektivieren.
Pylometrisches Training nutzt Sprung- und Explosivbewegungen, um die Schnellkraft, Reaktivkraft und Explosivität der Muskulatur zu steigern. Typische Beispiele sind Sprungkniebeugen, Kastensprünge (Box Jumps), Sprungausfallschritte oder auch Medizinballwürfe.
Entscheidend dabei ist das Dehnungs-Verkürzungs-Prinzip: Die Muskeln werden erst ruckartig vorgedehnt (z. B. beim Absenken in die Knie), bevor sie sich explosiv zusammenziehen (z. B. beim Absprung). Dadurch lernen Muskeln und Nervensystem(!), mehr Kraft in kürzerer Zeit bereitzustellen – eine Fähigkeit, die für fast jede Sportart von Vorteil ist. Aus Anti-Aging-Sicht bietet dieses Training Vorteile, weil sowohl funktionelle Muskelgruppen gleichzeitig trainiert werden und auch die Sehnen, Faszien und Knochen einen Trainingsreiz mitbekommen. Das Training steigert die elastische Energie, die in elastisch verformbaren Strukturen wie Sehnen und Faszien gespeichert und rasch wieder abgegeben werden kann. Außerdem verbessert das Training auch die Koordination.
Im Gegensatz zum reinen Hypertrophie-Krafftraining muss berücksichtigt werden, dass Sehnen eine längere Regeneration benötigen als Muskelgewebe, daher sind 2 bis maximal 3 Trainingseinheiten in der Woche völlig ausreichend! Eine Trainingseinheit sollte zu Beginn maximal aus 50–100 Bodenkontakten bestehen (das ist nicht viel!) Das Verletzungsrisiko steigt im plyometrischen Training deutlich an, wenn das Trainingsvolumen (die wöchentlichen Bodenkontakte) um mehr als 15% gegenüber der Vorwoche gesteigert werden, oder wenn die Gesamtanzahl von Bodenkontakten deutlich über 200 pro Einheit liegt. Wenn die Volumensteigerung ausgereizt ist, lieber einen neuen Zyklus mit geringfügig höherer Belastung und gleichzeitig weniger Bodenkontakten beginnen. Generell gilt: Um Verletzungen zu vermeiden, nicht zu ambitioniert trainieren, dafür aber kontinuierlich (dran bleiben)!
Übrigens: Falls dein Ausdauertraining bereits aus Joggen besteht, hast du vermutlich bereits eine sehr gute plyometrische Grundlage - was aber nicht bedeutet, dass du dich nicht noch verbessern kannst, beispielsweise durch Sprinttraining/Vorfußlaufen oder gezieltes Sprungtraining. Wenn dein Ausdauertraining ausschließlich aus Sportarten wie Schwimmen oder Radfahren besteht, solltest du plyometrisches Training als eigenständige Trainingseinheit auf jeden Fall einbauen!