Ich bin zunächst auch erst einmal darüber gestolpert. Allerdings denke ich, dass man da ein wenig differenzieren muss statt wie Strunz & Co direkt das Kind mit dem Bade auszuschütten.
David Perlmutter argumentiert - ZU RECHT- gegen den in den USA massenhaft konsumierten Maissirup und raffinierten Zucker. Dass man damit den Stoffwechsel ordentlich gegen die Wand fahren kann und auch dem Gehirn keinen Gefallen tut, ist Fakt. Prozessierte Getreideprodukte mit hohem glykämischen Index sind kaum einen Deut besser, keine Frage.
Aber das vollwertige Körner grundsätzlich schlecht für das Gehirn sind, halte ich für übertrieben. Gibt es Belege dafür?
3 Portionen Getreide sind nicht gerade eine gigantische Menge, z.B. bereits enthalten in einem Schälchen Quinoa mittags und zwei Scheiben Roggenvollkornbrot abends. Traditionelle mediterrane Kost hat zum Teil einen deutlich höheren Getreideanteil als 3 Portionen, ohne dass dabei erhöhte Demenzraten dokumentiert wären.
wir reden hier in erster Linie über Weizen. Über den real existierenden Zwergweizen, der über 90% vom Geschäft ausmacht. Diesen hatten die Griechen, die man zu Beginn der 1950er beobachtet gehabt hatte und damit die "mediterrane Diät" beschrieb, garantiert noch nicht auf ihren Tellern gehabt!
In diesem Zusamenhang sind die historischen Daten von Broadbalk interessant, wo seit 1843 verschiedene Weizensorten auf ihren Nährstoffgehalt untersucht werden:
Der Glutengehalt hat sich geändert seit den 1960ern, insbesondere die Gliadin-Fraktion. Auch hat sich das Weizenkeim-Agglutin durch Züchtung geändert, dieses blockiert etwa Leptin. Die Spielöregeln haben sich geändert in den letzten Jahrzehnten!
ZitatThe participants were assigned to consume products (bread, pasta and crackers) made either from Kamut or control semi-whole-grain wheat for 8 weeks in a random order
Vollkorn-Zwergweizen-Produkte sind laut der Studie also vorteilhafter als eine "herkömmliche" Weißmehl-Vollkornmehl-Mischung. Das wäre durchaus plausibel.
Bei aller Liebe fürs Detail bin ich dennoch dafür, immer erst mit der Optimierung des Gesamt-Ernährungsstils zu beginnen. Was bringt es, über diese Details zu sprechen, wenn das Essensfenster noch >12 Stunden/Tag beträgt oder ein Kalorienüberschuss vorliegt?
P.S.: Wenn man sich die Daten der MIND-Studie ansieht, wäre es übrigens auch ein denkbarer Erklärungsansatz, dass die Vollkorn-Assoziation eher in dem Bemühen um eine gesündere Ernährung begründet sein könnte ;)
Weizen macht leptinresistent. Diesen Effekt wird jeder nach Glutenelimination kennen: man isst auf einmal deutlich weniger. Typischerweise um die 400 kcal/Tag. Das ist beinahe wie ein halbautomatischer CRON-Modus!
Digested wheat gluten inhibits binding between leptin and its receptor
Conclusions Digested wheat gluten inhibits binding of leptin to the leptin receptor, with half-maximal inhibition at 10 ng/mL. The inhibition is significant at clinically relevant concentrations and could therefore serve as a novel pathway to investigate to understand the molecular basis of leptin resistance, obesity and associated disorders.
Ja, und wenn man noch bedenkt, dass der seit den 1960ern gezüchtete und vorherrschende Zwergweizen noch mehr Gluten enthält als die bis davon vorherrschenden Sorten, dann braucht man sich im Zusammenhang mit der Lowfat-Manie seit den 1970 kaum noch über die seither rollende Übergewichtswelle zu wundern. Man schaue sich nur einmal alte Familienbilder (oder auch die Statisten in Filmen) etwa aus den 1950 und den 1990 an....
Gluten kann Krankheiten verursachen, das ist eine unbestrittene Tatsache. In erster Linie handelt es sich dabei um Zöliakie. Gluten kann auch Hautveränderungen verursachen (nennt sich dann Dermatitis herpetiformis). Laut gängiger Definition* ist die Zöliakie gar nicht so selten, es leidet ca. 1% der Bevölkerung daran. Die Dunkelziffer dürfte aber bedeutend höher liegen (wenn man "latente" oder "potentielle" Zöliakie mit einrechnet).
Darüber hinaus kann Weizen auch andere gesundheitliche Probleme verursachen, z.B. bei einer Weizenallergie oder bei einer "Nichtzöliakie-Nichtweizenallergie-Weizensensitivität". Der Verzehr von Weizenprodukten ist also für einen Teil der Bevölkerung schädlich.
Es ist relativ wahrscheinlich, dass bei verschiedenen Autoimmunkrankheiten auch ein höheres Risiko für eine Glutensensitivität besteht, kürzlich gezeigt z.B. bei Mixed connective tissue disease (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25781195).
Profitiert man von einer glutenfreien Diät, wenn man gar keine Zöliakie-Diagnose hat, aber eine Glutensensitivität nachgewiesen ist? Hier gehen die Expertenmeinungen bereits auseinander. Für einige Menschen mit Glutensensitivität trifft es aber zu, z.B. bei Verdauungsbeschwerden und entsprechendem HLA-Genotyp (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25753138)
Gliadin, ein Bestandteil von Gluten, führte in dieser Studie zu einer Darmdurchlässigkeit nicht nur bei Menschen, die unter Zöliakie (also mit Antikörpern) oder unter Gluten-Sensitivität (d.h. ohne die beobachtete Bildung von Antikörpern) leiden. Was keine Überraschung darstellt. Sondern auch in der Kontrollgruppe! Diese Durchlässigkeit ("leaky gut") war bei lezteren nur deshalb nicht so stark ausgeprägt, da bei diesen Personen mehr (ein antientzündlich wirkendes Cytokin) Interleukin-10 im Darm-Epithel gefunden wurde. Gemessen wurde alles in Biopsien beim Menschen. Das einzige, was man an dieser Studie Faules entdecken kann, sind die kleinen Fallzahlen.
PS: Den Namen Alessio Fasano kann man sich in diesem Zusammenhang merken, man findet mehrere wirklich bemerkenswerte Studien von ihm, insbesondere über Zonulin und die Regulierung der tight junctions im Darm und den Einfluss von Gluten.
Zitat Nutrients. 2015 Mar; 7(3): 1565–1576. Published online 2015 Feb 27. doi: 10.3390/nu7031565 PMCID: PMC4377866
Effect of Gliadin on Permeability of Intestinal Biopsy Explants from Celiac Disease Patients and Patients with Non-Celiac Gluten Sensitivity Justin Hollon* Elaine Leonard Puppa, Bruce Greenwald, Eric Goldberg, Anthony Guerrerio, and Alessio Fasano
Abstract Background: Intestinal exposure to gliadin leads to zonulin upregulation and consequent disassembly of intercellular tight junctions and increased intestinal permeability. We aimed to study response to gliadin exposure, in terms of barrier function and cytokine secretion, using intestinal biopsies obtained from four groups: celiac patients with active disease (ACD), celiac patients in remission (RCD), non-celiac patients with gluten sensitivity (GS) and non-celiac controls (NC). Methods: Ex-vivo human duodenal biopsies were mounted in microsnapwells and luminally incubated with either gliadin or media alone. Changes in transepithelial electrical resistance were monitored over 120 min. Media was subsequently collected and cytokines quantified. Results: Intestinal explants from all groups (ACD (n = 6), RCD (n = 6), GS (n = 6), and NC (n = 5)) demonstrated a greater increase in permeability when exposed to gliadin vs. media alone. The increase in permeability in the ACD group was greater than in the RCD and NC groups. There was a greater increase in permeability in the GS group compared to the RCD group. There was no difference in permeability between the ACD and GS groups, between the RCD and NC groups, or between the NC and GS groups. IL-10 was significantly greater in the media of the NC group compared to the RCD and GS groups. Conclusions: Increased intestinal permeability after gliadin exposure occurs in all individuals. Following gliadin exposure, both patients with gluten sensitivity and those with active celiac disease demonstrate a greater increase in intestinal permeability than celiacs in disease remission. A higher concentration of IL-10 was measured in the media exposed to control explants compared to celiac disease in remission or gluten sensitivity.
Glutenfreie Kost: Erhöhte Belastung mit Arsen und Quecksilber
ZitatEine glutenfreie Ernährung ist in Mode gekommen. Die wenigsten Menschen, die bewusst auf Getreideprodukte mit Klebereiweiß verzichten, haben vermutlich eine Zöliakie, deren Prävalenz in Deutschland bei unter einem Prozent liegt. Doch viele Konsumenten, die bewusst auf Getreideprodukte mit Klebereiweiß verzichten, sind überzeugt, dass sie etwas Gutes für ihre Gesundheit tun (auch wenn sie dies vielleicht nicht gleich spüren).
Dass, wer auf Gluten verzichtet, nicht unbedingt gesünder lebt, zeigt jetzt eine Analyse der National Health and Nutrition Examination Survey.