Das Inflammasom ist ein zentraler Baustein des angeborenen Immunsystems. Es besteht aus einem Verbund verschiedener Proteine im Innern von Entzündungszellen (hauptsächlich in Makrophagen und Granulozyten) und kann eine Entzündungsreaktion in Gang setzen. Die Aktivierung des Inflammasoms geschieht sowohl durch das Vorhandensein von Mikroben als auch durch körpereigne, Moleküle die anzeigen, dass eine Gewebeschädigung stattgefunden hat.
Man unterscheidet verschiedene Subtypen von Inflammasomen, auf die ich hier vorerst nicht eingehen werde.
Das Inflammasom ist entscheidend an Entzündungsreaktionen beteiligt. Doch was hat das Inflammasom mit Krebs zu tun?
Dazu muss man wissen, dass Krebsgewebe in aller Regel aus einer Mischung verschiedener Zelltypen aufgebaut ist. In unmittelbarer Umgebung zu den eigentlichen Krebszellen finden sich meist Fibroblasten, Endothelzellen und Entzündungszellen (Makrophagen, Lymphozyten, Plasmazellen etc).
Das Immunsystem und der Krebs interagieren auf engstem Raum miteinander.
Man weiß allerdings, dass diese Entzündungsreaktion nicht immer nur dazu dient, den Tumor zu bekämpfen. Oft ist das Gegenteil der Fall - bei aggressiven Krebsformen rekrutiert der Tumor geradezu andere Zellen, die das Tumorwachstum weiter unterstützen.
Hohe Serumkonzentrationen der vom Inflammasom ausgeschütteten Entzündungsmediatoren sind typisch für aggressive Krebsformen. Eine chronische Inflammasom-Aktivierung wirkt in dieser Situation zusätzlich krebsfördernd. Allerdings ist das nur die eine Seite der Medaille: Eine Aktivierung des Inflammasoms kann auch Schutz vor Krebs bieten - durch das Inflammasom kann in Krebszellen ein Selbstmordkommando erzeugt werden. Dieser Vorgang nennt sich Pyroptosis.
Das Mikrobiom des Darms interagiert mit dem Inflammasom. Ein gestörtes Inflammasom kann ein verändertes Mikrobiom verursachen und das so veränderte Mikrobiom kann wiederum das Krebswachstum fördern, gezeigt im Tiermodell am Darmkrebs. Auch umgekehrt kann ein ungünstig zusammengesetztes Mikrobiom zu einer Inflammasom-Aktivierung führen.
Eine Dysbiose, genauer: Eine Fehlbesiedlung des Darms die von einem dysregulierten Inflammasom ausgeht, kann daher eine zentrale Ursache zur (Darm-)Krebsentstehung sein.
Ihr ahnt es vielleicht schon - mit dem Alter wird das Inflammasom zunehmend durch körpereigene Moleküle aktiviert. Schaltet man das Inflammasom künstlich ab, verzögert dies die typischen Alterserscheinungen.
Viele Funktionen der Zellen des angeborenen Immunsystems nehmen durch die Alterung ab, jedoch gibt es auch einige entzündungsfördernde Mediatoren die im gealterten Immunsystem vermehrt produziert werden. Der Alterungsprozess ist also mit einem dysregulierten Inflammasom verknüpft. Eine tickende Zeitbombe!
Andererseits können durch eine Kontrolle des Inflammasoms auch altersbedingte Erkrankungen günstig beeinflusst werden.
1. Das Inflammasom ist von zentraler Bedeutung für unser Immunsystem
...Und damit selbstverständlich nicht nur "böse"! Es kann gegen Krebszellen kämpfen.
2. Eine chronische Aktivierung des Inflammasoms ist schlecht für den Körper
....daher sollte eine chronische Aktivierung vermieden, gestoppt oder zumindest eingedämmt werden. Da das Inflammasom eng mit dem Mikrobiom des Darms zusammenhängt, ergibt sich hier ein wichtiger Ansatzpunkt. Dazu mehr im nächsten Teil...
3. Die biologische Alterung führt regelmäßig zu einem überaktiven Inflammasom, das aber leider nicht mehr so effizient ist.
Kein Wunder, dass das Inflammasom aktiv bleibt und nicht abgeschaltet wird, wenn die Schäden die es beheben sollte, weiterhin noch vorhanden sind! Die (epigenetische!) Alterung ist besonders dramatisch - nicht nur das Inflammasom altert, sondern andere gealterte Zellen senden zusätlich noch aktivierende Signale aus. Das grenzt an aktive Brandstiftung.
Wenn ein aktives Krebsleiden besteht und im Verauf fortschreitet, kann man sich an wenigen Fingern ausrechnen, dass das Inflammasom hauptsächlich zugunsten des Tumors aktiv ist. Eine chronische Inflammasom-Aktivierung (=dysreguliertes Inflammasom) ist auch in Hinblick auf die Krebsprävention eher unvorteilhaft.
An erster Stelle ist daher bei einem chronisch aktivierten Inflammasom eine Ursachenbeseitigung sinnvoll. Diese kann z.B. umfassen:
1) Darmflora optimieren
2) Chronische Infekte beseitigen
3) Altersprävention
Am besten nicht erst, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist...
Welche Optionen gibt es, wenn das Inflammasom bereits chronisch aktiviert ist und diese Maßnahmen nicht mehr ausreichen? Wie kann man überhaupt herausfinden, ob das Inflammasom aktiviert ist?
Messparameter einer bedeutsamen aktiven Inflammasom-Aktivierung:
-IL1ß im Serum -IL18 im Serum -hsCRP im Serum (ein indirekter Marker)
Wenn sich die Ursachen nicht mehr weiter beeinflussen lassen, sind Optionen gefragt, mit denen man das Inflammasom modulieren kann:
4) NF kappa B hemmen
5) IL1-ß hemmen
6) IL-18 hemmen
7) Caspase 1 hemmen
Einige interessante, potentiell nützliche Substanzen hierfür werde ich exemplarisch in Teil 6 dieses Threads vorstellen.
Einen weiteren wichtigen Mitspieler möchte ich hier nicht unerwähnt lassen: Bakterien!
Bakterien fühlen sich ausgesprochen wohl in Tumorgewebe. Vermutlich dürfte ein nicht unerheblicher Teil der Inflammasom-Aktivierung auf das Konto der Bakterien in Tumoren gehen. Bakterien sind aus mehreren Gründen äußerst interessant für die Tumorforschung. Zum Beispiel können Bakterien bald als Diagnose-Tool Verwendung finden:
Aber das Zusammenspiel zwischen Bakterien und Krebs hat möglicherweise noch viel weitreichendere Konsequenzen. Zum Beispiel in Hinblick auf die Zusammensetzung der Darmflora:
Und welche Rolle könnten Antibiotika möglicherweise spielen? Prinzipiell wären Antibiotika ebenfalls eine denkbare Strategie zur Beeinflussung des Inflammasoms. Der Anwendung steht allerdings im Weg, dass das Mikrobiom des Darms dadurch ebenfalls geschädigt wird.
Das wäre ja wirklich eine tolle Nachricht, wenn man mit allen Interventionen, die die Zellreinigung via Autophagie aktivieren gleichzeitig Entzündungen reduzieren könnte!
Zitat von La_Croix im Beitrag #12Das wäre ja wirklich eine tolle Nachricht, wenn man mit allenInterventionen, die die Zellreinigung via Autophagie aktivieren gleichzeitig Entzündungen reduzieren könnte!
Ja, so sehe ich das auch! Natürlich reden wir hier von hoch komplexen biologischen Systemen, aber wenn man den Sachverhalt stark vereinfacht, ist
"Autophagie hemmt das Inflammasom"
letztlich das, was unter dem Strich steht.
Die Autoren der zitierten Publikation schreiben:
"[...]autophagy would be a promising therapeutic target for treatment of inflammasome-related inflammatory disorders. Therapeutic agents capable of inducing autophagy should be developed to alleviate inflammasome-dependent inflammation."
Und blenden dabei aus, dass man für eine Autophagieaktivierung eigentlich gar keine Medikamente benötigt.
Gestern lief eine sehr interessante Doku auf Arte zum Thema Krebs. Ich lege mal die Links hier hinein, weil dort auch die hier oder auch im Thread Negentropie angesprochenen Aspekte vorkommen. Falls hier falsch bitte verschieben. Das Fazit dieser sehr guten Doku, man wird den Krebs nicht "besiegen" können, nicht nur weil die Ursachen immer noch nicht umfassend bekannt sind, es nicht DIE Ursache oder DEN entscheidenden Moment zum Ausbruch der Krankheit gibt, sondern weil er zum Leben insofern dazu gehört, da unsere Zellen sich immer erneuern müssen wird es auch immer Entartung und Fehler in diesem Prozeß geben. Das ist die Natur und die ist eben nicht vollkommen bzw. immer in Veränderung, die eben auch, wie im Fall Krebs, nie immer nur zum Guten führt. Eine Doku, die letztlich durchaus Mut, aber auch nachdenklich macht und auch deutlich zeigt, das man zwar schon sehr viel, aber dennoch eigentlich "Nichts" weiß, im Faustschen Sinne gemeint.
Krebs: Eine Biografie
Der Herrscher aller Krankheiten
Krebs existiert so lange wie die Menschheit selbst. Eine Krankheit, so unberechenbar wie eigensinnig. Doch die Geschichte hat gezeigt, dass Krebs in den Menschen den Willen entfesselt hat zu überleben, zu verstehen und zu heilen. Die zweiteilige Dokumentation orientiert sich an dem Bestseller von Siddhartha Mukherjee: "Der König aller Krankheiten: Krebs – eine Biografie".
Schon immer leben die Menschen mit Krebs und sterben daran. Schon lange bekämpfen sie ihn auch. Die Geschichte der Krankheit ist geprägt von menschlichem Leid und Wissensdrang, Fehlentscheidungen und Einfallsreichtum, Rückschlägen und Durchbrüchen. Die Spurensuche beginnt bereits vor 4.000 Jahren, als ein ägyptischer Arzt auf einer fünf Meter langen Papyrusrolle alle geläufigen Krankheiten aufzählte. Nummer 45 bezieht sich auf "Schwellungen der Brust, groß, sich ausbreitend und hart". Unter dem Abschnitt "Behandlung" heißt es: "keine". Über 2.000 Jahre lang galt in der Medizin die Säftelehre, der griechische Arzt Galen sah in der schwarzen Galle die Ursache für Krebs. Aber erst 1530 fand der aus Flandern stammende Vesalius heraus, dass im menschlichen Körper keine schwarze Galle existiert. 1855 bereitete Rudolf Virchows Verständnis, die Zelle sei die Grundlage von Gesundheit und Krankheit, den Weg für die Chirurgie als erste Behandlungsmethode. Wenn Tumore eine Sammlung von abnormalen Zellen seien, müsse es doch möglich sein, sie zu entfernen. Die X-Strahlen, die der deutsche Physiker Wilhelm Conrad Röntgen 1895 entdeckte, waren gemeinsam mit Marie Curies Radium ein weiterer Meilenstein in der Krebsforschung. Hunderte von Strahlenkliniken wurden eröffnet, und man versprach eine Behandlung gegen Krebs. Chirurgie und Strahlentherapie sind bis heute zwei Säulen der Krebsbehandlung. Doch Krebs ist nicht gleich Krebs, obwohl man das sehr lange glaubte. Der Pulitzer-Preisträger Siddhartha Mukherjee fasst es so zusammen: "Krebs ist eine der wichtigsten Herausforderungen in unserer Geschichte. Die Vorstellung, es gäbe eine einfache Lösung für dieses Problem, wird dem Ausmaß seiner Komplexität nicht gerecht. Krebs ist Teil unseres genetischen Erbes. Wir werden Krebs immer mit uns, in uns und um uns haben."
#10: "Und seh' dass wir nichts wissen können, das will mir schier das Herz verbrennen! ... (etwas später: ein neues Herangehen ...) Ob mir durch Geistes Kraft und Mund nicht manch' Geheimnis würde kund; ... (Lust auf neue Erkenntnis: ) Dass ich erkenne was die Welt im Innersten zusammenhält, Schau alle Wirkenskraft und Samen ... "
Ich hab mir aus Zeitgründen die Sendung nicht angesehen, aber ich habe auch keine Lust darauf, mir immer wieder zeigen zu lassen, wie komplex es ist und "Soll ich vielleicht in tausend Büchern lesen, Dass überall die Menschen sich gequält ... "
Wo man hin muss, ist ein komplett neues Denken über Krebs im Kontext des Alterns. Meiner Meinung nach folgt die etablierte Medizin viel zu oft eingetretenen Pfaden, ich will nicht sagen, immer erfolglos. Aber es ist und bleibt Reparaturmedizin.
Zitat Der gängigen Lehrmeinung nach entsteht Krebs dadurch, dass einzelne Zellen durch Defekte in ihrer Erbsubstanz entarten, dadurch zusätzliche Fehler entstehen und letztlich die betroffenen Zellen beginnen, unkontrolliert zu wachsen. [...] "Wir gehen[hingegen] davon aus, dass ein fehlgeleitetes Signal aus normalerweise unverdächtigen Zellen, in unserem Beispiel Hautzellen, ausreicht, um das Teilungsprogramm von Stammzellen durcheinanderzubringen. Die betroffenen Stammzellen selbst brauchen dann keine Mutation aufzuweisen, um einen Tumor zu bilden. Sie wirken eher wie fehlgeleitete Feuerwerkskörper, die statt am Nachthimmel in einer Menschenmenge Funken sprühen." Die Forscher wollen nun die Natur dieser grenzüberschreitenden Signale entschlüsseln und verstehen. „Alle bislang gefundenen Gene gibt es auch beim Menschen, und die bisherigen Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass Tumoren in gleicher oder ähnlicher Form auch bei uns entstehen könnten", sagt Baumeister. Der Mechanismus dieser Krebsentstehung lasse vermuten, dass Metastasen gebildet werden können, ohne dass vorher an einem anderen Ort ein Primärtumor aufgetreten war. Bei rund einem Drittel aller metastasierenden Tumoren werden nämlich nie solche primären Tumorherde gefunden.