Immortalismus als neue Religion Versuch einer Definition
Über Lebensverlängerung wird viel geredet, noch mehr über Fitness und Wellness. Bei Wellness wurde schon verschiedentlich angenommen, dass es sich um eine Religion handeln könnte, dennoch fehlen dem Wellness verschiedene Merkmale, so dass es keine Religion sein kann. Unter anderem fehlt es bei Wellness Anhängern an der Konsequenz und der Radikalität.
Wieso Lebensverlängerung keine Religion sein kann, Immortalismus aber schon
Lebensverlängerung ist relativ, doch an deren Ende steht immer doch der Tod mit einer allgemein geglaubten Absolutheit. Somit ist Lebensverlängerung tendenziell immer Deathismus (Anm.: Deathismus = Verherrlichung des Todes / Glaube an den unausweichlichen Tod). Zwar gibt es Lebensverlängerer, die durchaus der ewigen Jugend nicht abgeneigt wären. Jedoch glauben sie nicht an die Möglichkeit und verwerfen diese Anschauung somit als unrealistisch.
Allein ein Immortalist ist radikal genug, an die Unsterblichkeit und das Leben als Absolutheit zu glauben. Hierbei weiß ein Immortalist um die 3 Stufen der Unsterblichkeit, die später besprochen werden.
Immortalismus, Atheismus und andere Religionen
Im Grunde genommen ist der Immortalismus atheistisch vom Ursprung her. Der Unglaube an ein Leben nach dem Tod oder aber auch die Geringschätzung eines unkörperlichen Lebens nach dem Tode (als Geist?) lassen die Frage aufkommen, ob man nicht einfach das Leben verlängern könnte.
Somit werden die meisten Immortalisten wohl Atheisten sein oder aber sich selbst bei Verwirklichung der höchsten Stufe der Unsterblichkeit (Stufe 3) als Gott/göttlich sehen.
Gottglaube und Immortalismus schließen sich nicht aus, genausowenig wie sich Atheismus und Immortalismus ausschließen. Das Gemeinsame und Verbindende ist der Glaube an das Leben und die Verachtung von Verfall und Tod bzw. die Abneigung dagegen. Gott könnte so gesehen auch der oberste der Immortalisten sein oder das erste unsterbliche Wesen.
Immortalismus ist äußerst tolerant, weltanschaulich neutral und lässt sich im Prinzip mit allen Weltanschauungen kombinieren. Alle Religionen, die ich betrachtet habe, haben auch immortalistische Elemente (Ewiges Leben, Garten Eden...). Leider überwiegt in der heutigen Praxis der Religion der Deathismus, d.h der Tod wird in allen Religionen verehrt. Mit dem Deathismus ist der Immortalismus jedoch nicht kompatibel. Jedoch könnten sich innerhalb der bekannten Religionen immortalistische lebensbejaende Bewegungen bilden (Sekten/Abspaltungen).
Warum überhaupt eine Religion?
Nur Religionen haben die Radikalität, die das gesamte Leben bestimmt.
Unsterblich zu werden macht keiner mit links. Man muss dieser Sache sein ganzes Leben widmen, ansonsten kann man so ein großes Ziel niemals erreichen!
Es ist eine Lebensaufgabe.
Und da fast niemand an das Leben glaubt, fast alle sind Deathisten und glauben an den Tod, muss man schon einen starken Glauben haben, um an das Leben zu glauben.
Immortalismus als Religion ist nötig, weil Deathismus der vorherrschende Glaube ist. Quasi als Gegengewicht.
Immortalismus - Regeln und Moral
Der Immortalismus ist an sich wertneutral und es gibt keine festen Regeln. Es lassen sich aus dem Wunsch nach endlosem Leben letztlich nur wenige Regeln ableiten:
- Bewahrung der Erde (denn sie soll in 1000 Jahren auch noch da sein) - Friedliches Miteinander der Menschen - Förderung der Raumfahrt (andere Planeten als Plan B, falls die Erde stirbt)
Ansonsten kann jeder tun und lassen was er will. Eine Moral im religiösen Sinn gibt es nicht.
Die 3 Stufen der Unsterblichkeit
Vorstufen der Unsterblichkeit: - Langes Leben - Ultralanges Leben
Die 3 Stufen der Unsterblichkeit: 1.) Potentielle Unsterblichkeit Biologisch unsterblich, aber man kann z.B. vom Auto überfahren werden
2.) Relative Unsterblichkeit Biologisch unsterblich und gegen Unfälle abgesichert, z.B. Klone auf anderen Planeten und Mindupload bei Unfall Aber wenn die Sonnen erlöschen, stirbt auch dieser 3.) Absolute Unsterblichkeit Ein Quantenzustand, den es bisher nur in der theoretischen Physik gibt: Räumliche und zeitliche Superposition
Stufe 1 und 2 sind wissenschaftlich je nach Stand der Forschung irgendwann machbar. Ob Stufe 3 technisch realisierbar ist, wissen Immortalisten nicht, aber sie glauben es.
Wege zur Unsterblichkeit
Wie man die erste Stufe der Unsterblichkeit erreicht: - Wissenschaft - Praktische Umsetzung der theoretischen Erkenntnisse der Wissenschaft - Gesunder Menschenverstand - Geld (gute Medizin ist teuer) - Austausch von Erfahrungen untereinander (wie z.B. hier im Forum) - Glück / Zufall / gute Gene
Warum hat Immortalismus so wenige Anhänger?
Das ist eine Frage, die ich mir schon sehr lange stelle und ich habe keine Antwort gefunden.
Immerhin wäre es die einzige Religion, die wissenschaftlich und rational begründet ist.
Zitat von Joker im Beitrag #1Gottglaube und Immortalismus schließen sich nicht aus, genausowenig wie sich Atheismus und Immortalismus ausschließen. Das Gemeinsame und Verbindende ist der Glaube an das Leben und die Verachtung von Verfall und Tod bzw. die Abneigung dagegen. Gott könnte so gesehen auch der oberste der Immortalisten sein oder das erste unsterbliche Wesen.
Das "Besondere" an den Göttern der alten polytheistischen Religionen war meist ja, dass sie im Gegensatz zu den Menschen nicht altern und somit theoretisch unsterblich wären. Lustigerweise, war laut den alten Glauben diese ewige Jugend gar nicht angeboren, sondern durch das Essen von bestimmten Äpfeln erst erworben worden.
ZitatNach der Jüngeren Edda wohnen zwölf Asen in Asgard (Sitz der Götter). Sie herrschen über die Welt und die Menschen. Ihnen werden Eigenschaften wie Stärke, Macht und Kraft zugeschrieben. Sie sind weitgehend vermenschlicht, haben also einen irdischen Alltag. Wie die Menschen sind sie sterblich. Nur durch die Äpfel der Idun halten sie sich jung, bis fast alle von ihnen zur Ragnarök getötet werden.
ZitatDie Hesperiden hüteten in einem wunderschönen Garten einen Wunderbaum mit goldenen Äpfeln,[2] den Gaia der Hera zu ihrer Hochzeit mit Zeus wachsen ließ. Die Äpfel verliehen den Göttern ewige Jugend. Der Baum wurde durch den hundertköpfigen Drachen Ladon bewacht.
Zitat von Joker im Beitrag #1Warum hat Immortalismus so wenige Anhänger?
Das ist eine Frage, die ich mir schon sehr lange stelle und ich habe keine Antwort gefunden.
Immerhin wäre es die einzige Religion, die wissenschaftlich und rational begründet ist.
Es wiederspricht eben der natürlichen Empfindung der meisten Menschen.
Also wenn die natürliche Empfindung der Menschen ist, dass sie sterben, wieso hoffen dann so viele auf ein Leben nach dem Tod? Ist es nicht, weil sie mit der Vorstellung, einfach ausgelöscht zu sein, nicht zurechtkommen?
Als Kind empfand ich den Tod und das Alter als unnatürlich. Dann wurde mir von Erwachsenen wieder und wieder erklärt, das Alter und der Tod seien eben "normal". Gefühlt wurde das hunderte Male wiederholt. Nur bei mir hat diese Gehirnwäsche nicht so richtig geklappt, ich wurde nie zum Deathisten.
Ist Deathismus nur eine Gehirnwäsche, eine Art viraler Gedanke, auch Mem genannt, der sich in den Köpfen der Menschen verfestigt hat?
Ich will den Menschen ihre Hoffnung, z.B. auf ein Leben nach dem Tod oder auf metaphysische Erfahrungen, nicht nehmen. Das kann man ja alles trotzdem glauben, auch wenn es in meinen Augen naiv ist. Schön wäre aber auch vor allem ein Leben vor dem Tod. Nur 80 Jahre sind kein Leben, das ist viel zu kurz!
Ich finde nur 80 oder 90 Jahre zu leben und einen großen Teil davon unfit und schwach zu sein, ist ein Witz. Das kann man nicht Leben nennen!
Die Menschen sollten erkennen, dass sie so viel mehr Möglichkeiten hätten. Warum nur einen Beruf ausüben, warum nicht mehrere? Warum nicht alle Länder bereisen, alle Sprachen lernen? Warum sich nicht mal öfters verändern, einfach neu anfangen? Das Leben bietet viel mehr Möglichkeiten als wir nutzen.
Bei Unsterblichen der 1. und 2. Stufe kommt auch irgendwann der Tod, eben sehr viel später, erst nach sehr langer Zeit. Es könnten Zehntausende oder Millionen von Jahren sein. Warum lehnen die Menschen das ab? Was würden sie durch so ein fantastisches Leben verlieren?
Zitat von Joker im Beitrag #4Also wenn die natürliche Empfindung der Menschen ist, dass sie sterben, wieso hoffen dann so viele auf ein Leben nach dem Tod? Ist es nicht, weil sie mit der Vorstellung, einfach ausgelöscht zu sein, nicht zurechtkommen?
Die meisten Mesnchen kommen damit nicht zurecht, habe aber selbst schon einen Krebskranken Menschen erlebt der kurz vor seinem Tod ganz klar sagte, für ihn ist völlig klar das danach nicth kommt. Der war dabei völlig ruhig und hat sich nur immer vor Augen geführt, wie viel er in seinem Leben erreicht und schönes erlebt hat, auch wenn es nicht so lang war. Er hat sogar ein paar mal gesagt, was für ein Glück er eigentlich habe das Alter und Gebrechlichkeit nicht erleben zu müssen und statt dessen schon relativ lange zu wissen, wann es aus sei und er noch viele Monate Zeit habe wichtiges zu erledigen. Und das wirkte nicht gespielt, das ist eigentlich eine sehr Buddhistische Sichtweise.
ZitatAls Kind empfand ich den Tod und das Alter als unnatürlich. Dann wurde mir von Erwachsenen wieder und wieder erklärt, das Alter und der Tod seien eben "normal". Gefühlt wurde das hunderte Male wiederholt. Nur bei mir hat diese Gehirnwäsche nicht so richtig geklappt, ich wurde nie zum Deathisten.
Ist Deathismus nur eine Gehirnwäsche, eine Art viraler Gedanke, auch Mem genannt, der sich in den Köpfen der Menschen verfestigt hat?
Aber jeder Mensch sieht als Kind auch ständig Alterung, sei es an einem selbst wenn man sich noch jedes Jahr stark verändert, wenn man die Eltern udn Großeltern nebeneinander sieht, oder wenn das eigene Haustier schon nach wenigen Jahren offensichtlich alt wird. Man sieht eben in der Natur, dass alles langsam vergeht... Jedes Tier, jeder Mensch, jeder Baum und auch alte Häuser sind eben immer hässlich udn Baufällig udn müssen irgendwann abgerissen werden. Da es von dieser Regel keine Ausnahem zu geben scheint und ewige Jugend nur in Märchen in einem Atemzug mit Zeitreisen genannt wird, wie soll man an sowas glauben, ohne das Gefühl zu haben sich was vor zu machen und seine Zeit zu verschwenden?
ZitatWarum lehnen die Menschen das ab? Was würden sie durch so ein fantastisches Leben verlieren?
Das Leben wird von vielen Menschen eben auch als nicht wirklich Lebenswert empfunden. Jeder Mensch macht auch enttäuschungen, Krankheiten und Schicksalsschläge durch. Viele Menschen sagen dann immer, zum Glück ist in ein paar Jahrzenten eh alles vorbei udn ncihts von Bedeutung. Vor allem langes Leben wird mit Alter gleich gesetzt und Alter mit unattraktivität sowie körperlichen Einschränkungen, Einsamkeit und Krankheit. Was man auch oft hört ist, man muss ja die Erde für die eigenenen Kinder, Enkel usf. "frei machen".
P.S.: Nachdem bereits in den Niederlanden und der Schweiz Sterbehilfe legalisiert wurde, scheint die Diskussion nun auch in Deutschland immer stärker zu werden oder bilde ich mir das nur ein? Ich hab vor kurzem mal die Filme die ich dort verlinkt habe angesehen. In Österreich ist Sterbehilfe in den öffentlich rechtlichen Medien eigentlich derzeit noch kein Thema. Bin gespannt wie das in nächster Zukunft die Diskussion zu dem Thema im deutschsprachingen Raum weiter geht...
Zitat von La_Croix im Beitrag #5 Man sieht eben in der Natur, dass alles langsam vergeht... Jedes Tier, jeder Mensch, jeder Baum und auch alte Häuser sind eben immer hässlich udn Baufällig udn müssen irgendwann abgerissen werden.
Lassen wir die unbelebte Materie mal weg und bleiben wir beim Leben.
Also Bäume werden sehr viel älter als Menschen. Das geht bis zu 10.000 Jahren. Auch Tiere werden älter, z.b. bestimmte Schildkröten > 200 Jahre, best. Muscheln > 500 Jahre.
Bei manchen vielzelligen Lebewesen konnte bisher sogar noch keine Alterung festgestellt werden, z.B. Seegurken und andere marinen Lebewesen (z.B. bestimmte Quallen).
Und im Ursprung ist das Leben sogar (potenziell) unsterblich. Bakterien und die meisten Einzeller kennen keinen Alterstod.
Leben kann sich prinzipiell regenerieren, nur beim Mehrzeller funktioniert das nicht so gut wie bei "niederem" Leben.
Kinder wissen diese biologischen Spezialitäten oft besser als Erwachsene, zumindest wenn sie gerne lesen! Kinder sind Neu-Gierig!
Zitat von La_Croix im Beitrag #5 Da es von dieser Regel keine Ausnahem zu geben scheint und ewige Jugend nur in Märchen in einem Atemzug mit Zeitreisen genannt wird, wie soll man an sowas glauben, ohne das Gefühl zu haben sich sas vor zu machen und seien Zeit zu verschwenden?
Also sagst du mir, dass ich einer exotischen Science-Fiction-Religion anhänge, die sich weit außerhalb der Realität befindet?
Ist das wirklich so märchenhaft, mit Hilfe der Wissenschaft das Leben zu immortalisieren? In den Laboren werden schon lange unsterbliche menschliche Zellen dauerkultiviert (z.B. HeLa-Zellen). (Ok, es ist Krebs.. aber denk mal nur einen kleinen Schritt weiter!)
Ok, wenn ich mir die Besucherzahlen dieses Forums ansehen und auch des englischsprachigen Pendants Longecity , dann komme ich mir wirklich wie ein Exot vor. Das ist schon irgendwie traurig, dass das wichtigste Thema - das Leben - fast niemanden interessiert.
Zitat von La_Croix im Beitrag #5Nachdem bereits in den Niederlanden und der Schweiz Sterbehilfe legalisiert wurde, scheint die Diskussion nun auch in Deutschland immer stärker zu werden oder bilde ich mir das nur ein?
Ja, die Stimmen werden lauter.
Im Prinzip hätte ich kein Problem damit, soll jeder selbst über sein Leben bestimmen, solange einen keiner dazu drängt zu sterben.
Allerdings ist das Timing und die politische Botschaft, die zur Zeit mitgesendet wird ("zu viele Menschen", "Zu viele Alte"), fatal. Es scheint in die falsche Richtung zu gehen, also die nicht so ganz freiwillige Sterbehilfe / Palliativmedizin.
hab natürlich keine Ahnung, was nach dem Tod sein wird, und ob überhaupt ... (laien-physikalisch) denke ich, es geht nichts verloren ... es verändert sich nur ...
die Menschheit hatte ja genug Zeit, darüber zu spekulieren ...
Zitat von mithut im Beitrag #7hab natürlich keine Ahnung, was nach dem Tod sein wird, und ob überhaupt ... (laien-physikalisch) denke ich, es geht nichts verloren ... es verändert sich nur ...
Kommt darauf an, welcher der 2 physikalischen Theorien du anhängst: - Entropielehre (Ordnung geht verloren) - Negentropielehre = Erweiterung der Entropielehre (Ordnung geht nicht wirklich verloren, sondern verteilt sich nur räumlich, "verdünnt sich" oder wird von Negentropiesaugern, also anderen Lebewesen, akkumuliert)
Der großartige Schrödinger hat ja die Negentropielehre in die Welt gesetzt (und wurde von mir weitergedacht - der "Negentropie-Erhaltungssatz" ist von mir). Trotzdem sind viele Physiker Entropen, glauben also, dass Ordnung für immer verloren ginge.
Ich denke eher, dass die Negentropielehre zutrifft. Trotzdem ist die verteilte Ordnung über den Raum nicht zu vergleichen mit zellulärem Leben. Also wenn es ein Leben nach dem biologischen Tod geben sollte, dann ist dieses trotzdem nicht mit dem Leben vor dem Tod vergleichbar. Auch ist es unsicher, ob diese weiterbestehende Ordnung Bewusstsein hat? Weiß diese Ordnung von sich selbst?
Zitat von Joker im Beitrag #6Ok, wenn ich mir die Besucherzahlen dieses Forums ansehen und auch des englischsprachigen Pendants Longecity , dann komme ich mir wirklich wie ein Exot vor. Das ist schon irgendwie traurig, dass das wichtigste Thema - das Leben - fast niemanden interessiert.
Das Problem ist, dass lediglich ein winziger Bruchteil der Menscheit in der Lage ist, derartige Zukunftsvisionen zu entwickeln UND sie persönlich in die Realtität umzusetzen.
Es ist zum Beispiel leicht, von einem selbstfahrenden Auto zu träumen. Viele halten das prinzipiell für möglich. Einige äußern berechtigte Zweifel, dass ein Computer in jeder noch so komplexen Verkehrssituation adäquat reagieren kann.
Um beim Beispiel des selbstfahrenden Autos zu bleiben: Theoretisch hätte sich JEDER von uns schon vor Jahren in eine Garage setzen, und ein Startup für selbstfahrende Autos gründen können, oder?
Fehlendes Hintergrundwissen? Kann man sich aneignen. Fehlendes Geld? Geld gibt es genug auf der Welt...man muss lediglich die Menschen, die große Kredite vergeben können, von seiner Vision überzeugen. Wo ist also das Problem?
Zitat von Joker im Beitrag #6Und im Ursprung ist das Leben sogar (potenziell) unsterblich. Bakterien und die meisten Einzeller kennen keinen Alterstod.
Bakterien und Archäen scheinen nicht zu altern. Einzeller mit Zellkern scheinen in der Regel aber auch zu altern. Sonst könnte man mit z.B. Hefe ja gar keine Altersforschung betreiben.
Zitat
Zitat von La_Croix im Beitrag #5 Da es von dieser Regel keine Ausnahem zu geben scheint und ewige Jugend nur in Märchen in einem Atemzug mit Zeitreisen genannt wird, wie soll man an sowas glauben, ohne das Gefühl zu haben sich was vor zu machen und seine Zeit zu verschwenden?
Also sagst du mir, dass ich einer exotischen Science-Fiction-Religion anhänge, die sich weit außerhalb der Realität befindet?
Nein, das sage ich dir absolut nicht! Du musst das im Zusammenhang sehen, wo ich das geschrieben habe Ich habe doch nur auf deine Frage geantwortet, warum Immortalismus so wenige Anhänger hat. Diese Antwort basiert auf meinen Erfahrungen, wie die überwätigende Mehrzahl der Menschen dazu steht.
Zitat von Prometheus im Beitrag #9Fehlendes Hintergrundwissen? Kann man sich aneignen. Fehlendes Geld? Geld gibt es genug auf der Welt...man muss lediglich die Menschen, die große Kredite vergeben können, von seiner Vision überzeugen. Wo ist also das Problem?
Das fragst du am besten einen von den vielen Leuten, die diesen Weg eingeschlagen haben. Das prominenteste Beispiel ist sicher Aubrey de Grey.
Zitat von Prometheus im Beitrag #9Fehlendes Hintergrundwissen? Kann man sich aneignen. Fehlendes Geld? Geld gibt es genug auf der Welt...man muss lediglich die Menschen, die große Kredite vergeben können, von seiner Vision überzeugen. Wo ist also das Problem?
Das fragst du am besten einen von den vielen Leuten, die diesen Weg eingeschlagen haben. Das prominenteste Beispiel ist sicher Aubrey de Grey.
Aubrey de Grey ist ein eigenes Thema.
Das Problem seiner Theorien sehe ich darin: - Dass bei seinen Methoden eine starke Abhängigkeit von Kliniken / Pharma entsteht - Dass es sehr teuer ist - Dass er weniger den natürlichen Weg bevorzugt
De Grey/SENS versucht tendenziell einen "Immortalismus für Reiche" zu etablieren.
Mein Weg ist eher der "Immortalismus für Arme", also eher mit Pflanzenstoffen und verhältnismäßig einfach zu beschaffenden Mitteln einen Weg zu suchen. Die meisten hier teilen dieses Anliegen (trotzdem ist es nicht immer billig).
P.S. Ich wollte nur noch nebenbei bemerken, dass mich die Theorien de Greys nie ganz überzeugt haben, also in wissenschaftlicher Hinsicht.
Zitat von Prometheus im Beitrag #9Wo ist also das Problem?
Ich kann natürlich nicht für andere sprechen, aber bei mir kann ich sehr klar erkennen, dass ich aufgrund von Omega3 Mangel, Mikronährstoffmängeln und fehlender Meditation bis zu meinen 40ern niemals irgendeine Weitsicht hatte. Jetzt behaupte ich, hat sich das geändert. Bester Beweis: Ich bin hier in diesem Forum unterwegs. :-)
Ein wichtiger Punkt ist es wohl auch, sich ganz einem Thema verschreiben zu können. Als Life-Extender Pionier braucht man mitunter tatsächlich einen gewissen "religösen Eifer"!
Fanatismus, das unbedingte Führwahrhalten von Vorstellungen, ist im Allgemeinen durch Intoleranz gegenüber abweichenden Positionen gekennzeichnet, wobei logische inkonsistenz im Bezug auf das eigene Weltbild ignoriert wird. Fanatiker hegen einen Absolutheitsanspruch, denken unkritisch und sind rationalen Argumenten unzugänglich. Darüber hinaus besteht meistens das Bestreben anderen Menschen die entsprechenden (meist wahnhaften) Überzeugungen aufzuzwingen.
Fanatismus ist somit zutiefst unwissenschaftlich. Wer beim Versuch das Leben zu verlängern wissenschaftlichen Prinzipien folgt, wird, selbst wenn er sich einem Thema völlig verschreibt, nie an die Grenze zum Fanatismus stoßen.
Zitat von Joker im Beitrag #4 Als Kind empfand ich den Tod und das Alter als unnatürlich. Dann wurde mir von Erwachsenen wieder und wieder erklärt, das Alter und der Tod seien eben "normal". Gefühlt wurde das hunderte Male wiederholt. Nur bei mir hat diese Gehirnwäsche nicht so richtig geklappt, ich wurde nie zum Deathisten.
Ist Deathismus nur eine Gehirnwäsche, eine Art viraler Gedanke, auch Mem genannt, der sich in den Köpfen der Menschen verfestigt hat?
Ich will den Menschen ihre Hoffnung, z.B. auf ein Leben nach dem Tod oder auf metaphysische Erfahrungen, nicht nehmen. Das kann man ja alles trotzdem glauben, auch wenn es in meinen Augen naiv ist. Schön wäre aber auch vor allem ein Leben vor dem Tod. Nur 80 Jahre sind kein Leben, das ist viel zu kurz!
Ich finde es toll, dass du ein so starkes Feuer in dir trägst! Da ich genug jenseitige Erfahrungen sammeln durfte, steht für mich außer Frage, dass es ein Leben nach dem Tod gibt. Trotzdem kann ich dem "Spiel des Lebens" einiges abgewinnen und verstehe dein Bedürfnis nach Lebensverlängerung (sonst wäre ich hier auch im falschen Forum).
Eine Frage: Ist das was du als Deathismus bezeichnest nicht möglicherweise einfach Postmodernismus? Gerade seit den siebziger Jahren hat sich unsere Kultur doch sehr stark vom Fortschrittsglauben abgewandt. Ich bin auch mehr Änhänger des Modernismus, der heute leider nicht mehr en vogue ist. Trotzdem sollte man den altklugen Leuten, die behaupten sie wollen gar nicht ewig leben, keinen Glauben schenken. Spätestens wenn es das Unterblichkeitsserum an jeder Tankstelle gibt, werden die auch mitmachen.
Als größtes Problem des Weges zur biolologischen Unsterblichkeit sehe ich die steile Lernkurve. Am Anfang denkst du, es ist Biologie. Denn merkst du, dass es Biochemie ist. Plötzlich musst du Chemie lernen. Dann noch Physik, um die Chemie richtig zu verstehen.
Zu guter letzt bleibt da dann noch der Fakt, dass jeder irgendwann sterben wird. ;)
Zitat von lupor im Beitrag #16Da ich genug jenseitige Erfahrungen sammeln durfte, steht für mich außer Frage, dass es ein Leben nach dem Tod gibt.
Ich stelle diese Erfahrungen nicht in Frage.
Es hat nur meiner Meinung nach nichts mit der Lebensdauer zu tun. Das Jenseits, wenn man daran glaubt, rennt einem ja nicht davon.
Zitat von lupor im Beitrag #16 Eine Frage: Ist das was du als Deathismus bezeichnest nicht möglicherweise einfach Postmodernismus? Gerade seit den siebziger Jahren hat sich unsere Kultur doch sehr stark vom Fortschrittsglauben abgewandt. Ich bin auch mehr Änhänger des Modernismus, der heute leider nicht mehr en vogue ist.
Ja, es ist auch Postmodernismus.
Kaum einer verherrlicht heute noch die Raumfahrt, den Fortschritt, sieht die Menschheit als aufstrebend und hoffnungsvoll, so wie es sogar bis in die 80er Jahre hinein meiner Meinung nach der Fall war. Dagegen herrscht seit den 90er Jahren bis heute eher eine negative Stimmung vor. "Der Mensch ist ein Virus" (Zitat aus Matrix, 90er Jahre Film), dieses Filmzitat fasst es gut zusammen.
Aber der Deathismus geht historisch viel weiter zurück. Bis in die Steinzeit.
Deathismus war in 2 Situationen für Gruppen ein evolutionärer Vorteil, ich rede von kultureller Evolution: - Im Krieg - Bei harter abnutzender Arbeit
Ohne Deathismus wäre damals keiner freiwillig in den Krieg gezogen, also erfand man Kriegskulte, bei denem die verstorbenen Krieger eine besondere Belohnung erhielten (ähnlich Walhalla). Die Erwartung einer Belohnung wirkte als Motivation gut, meist besser als Drohnungen.
Ebenso wurden Menschen besonders geehrt, die hart gearbeitet hatten. Häufig verstarben diese früh. Die Überreste dieses Arbeitskultes sind sogar heute noch zu sehen. Menschen, die sich mit schwerer Grippe und Fieber zur Arbeit schleppen und dabei die halbe Belegschaft anstecken, gelten heutzutage als besonders fleißig und engagiert.
Gruppen, die den Tod nicht fürchteten, waren einst im Vorteil.
Heutzutage wäre Deathismus nicht mehr notwendig, denn die Kriege werden nicht Mann gegen Mann geführt und kaputtschaffen müsste sich auch keiner mehr, es gibt Maschinen für die schwere Arbeit. Trotzdem lebt der Deathismus in unseren Köpfen weiter.
(i) Menschen zu unterscheiden, die einfach die gemeinsame „tragische Weltanschauung“ vertreten - die ihre Sterblichkeit als unvermeidlich akzeptieren und versuchen, damit „Frieden zu schließen“ - und (ii) Menschen, die aktiv daran arbeiten, die Verlängerung des Lebens zu stoppen.
Die ersteren liegen einfach falsch und können überredet oder zumindest dazu gebracht werden, sich mit der Verlängerung des Lebens allmählich wohler zu fühlen, wenn sie immer realer wird.
Letztere sind jedoch möglicherweise nicht zu überzeugen und verfolgen möglicherweise gesetzgeberische Maßnahmen (oder schlimmer noch), um die Forschung zur Verlängerung des Lebens zu stoppen.
Die Argumente jeder Person sollten intelligent angesprochen werden. Das Label „Deathist“ ist jedoch an sich nicht unhöflich und hat seinen Platz in Bezug auf Menschen, die nicht durch Argumente oder Beweise aus einer Position beeinflusst werden können, die der Verlängerung des Lebens aktiv feindlich gegenübersteht. Dies sind nicht die einfachen Skeptiker einer radikalen Lebensverlängerung, sondern Menschen wie Leon Kass, Sherwin Nuland, Daniel Callahan, John Gray und Nassim Taleb, die sich nicht von ihren anti-life-extension-Ansichten abwenden werden die mit den Attacken gegen eine lange Lebensdauer beträchtliche Geldbeträge verdient haben. Diese Menschen als "Deathisten" zu bezeichnen, zielt nicht darauf ab, sie zu überzeugen, sondern möglicherweise objektivere Dritte auf die Gefahren ihrer Ansichten aufmerksam zu machen. Wenn es immer noch die Möglichkeit gibt, jemanden zu überzeugen, sollten Etiketten dieser Art nicht an diese Person gerichtet werden.
Menschen, die nicht in der Lage sind, sich ein ultralanges Leben vorzustellen, werden ganz automatisch ihre eigene Sterblichkeit akzeptieren wollen. Das ist ein rein psychologisches Phänomen. Verdrängen hilft nicht. Also muss für das scheinbar unabwendliche irgend ein "Sinn" konstruiert werden. Egal ob bewusst oder unbewusst. Meistens beides.
Wenn dann jemand behauptet, dass man die Alterung vermeiden kann, wird dieser psychologische Schutzschild gegen die Todesangst plötzlich bedroht, und das erzeugt heftigen Widerstand!
In erster Linie muss man es schaffen, an die Vision eines ultralangen Lebens zu glauben. Ewig jung bleiben zu können! Das ist genau so schwer bzw genau so einfach wie Gottesglaube (Wobei sich Gottesglaube und Immortalismus nicht gegenseitig ausschließen müssen!)
Zitat von Prometheus im Beitrag #18@Joker ... ... Die ersteren liegen einfach falsch und können überredet oder zumindest dazu gebracht werden, sich mit der Verlängerung des Lebens allmählich wohler zu fühlen, wenn sie immer realer wird.
Zum "Überreden":
Ich sehe den Immortalismus nicht als missionarische Religion, d.h. ich will niemand dazu überreden, dass er länger oder ewig leben sollte, als er das eigentlich möchte.
Den Willen müssen die Menschen selbst mitbringen, mit allem anderen kann man sich gegenseitig helfen.
Zitat von Prometheus im Beitrag #18Dies sind nicht die einfachen Skeptiker einer radikalen Lebensverlängerung, sondern Menschen wie Leon Kass, Sherwin Nuland, Daniel Callahan, John Gray und Nassim Taleb, die sich nicht von ihren anti-life-extension-Ansichten abwenden werden die mit den Attacken gegen eine lange Lebensdauer beträchtliche Geldbeträge verdient haben
Diese hatte ich bisher noch nicht auf dem Schirm. Müsste mich grad mal einlesen, was die so geschrieben haben.
Ich finde es ok, dass sich Leute gegen Lebensverlängerung wenden. Ich kann so eine Meinung grundsätzlich akzeptieren, es könnte daraus ein Diskurs entstehen. Man stelle sich vor eine Talkshow mit einem 80-jährigen Immortalisten (der hoffentlich nur maximal wie 50 aussieht) und einem 80-jährigen Gegner der Lebensverlängerung. Wer gewinnt???
Interessantes Thema. Aber mal davon abgesehen, daß aus meiner Sicht, Langlebigkeit ganz klar auch mit entsprechender Gesundheit und Vitalität einhergehen MUSS, ansonsten wäre auch das längste Leben nicht lebenswert, wird es sicher darauf hinauslaufen, daß sich eine Zweiklassengesellschaft auch in dieser Hinsicht etablieren wird. Die Reichen und Vermögenden investieren ja schon jetzt sehr viel Geld in entsprechende Forschung und praktische Anwendung. Und auch nur diese werden in der Lage sein, dies irgendwann finanziell kostspielig umzusetzen. Ich glaube nicht, das irgend jemand aus der politischen und finanziellen "Elite" überhaupt ein Interesse daran hat, daß die Masse der Menschen langlebig sein wird, außer sie selbst natürlich. Also wird man auch nicht global dieses Thema angehen und irgendwie propagieren.
Bleibt also nur der Einzelne oder kleine Gruppen "normaler" Interessierter. Und hier wird man sicher sehr schnell nicht nur an finanzielle sondern auch strukturelle Grenzen stoßen.
Wie auch immer, Immortalismus oder eben Langlebigkeit sollte nicht zur Religion werden. Religion ist immer eine Art Opium für das Volk und erzeugt sehr schnell Fanatiker und Berserker, teilt und wertet in Gläubige und Ungläubige. Für mich ist die persönliche Freiheit und Entscheidungsfähigkeit das Wichtigste überhaupt. Das heißt nicht, das man selbst nicht lange leben möchte, aber wenn man irgendwann des Lebens müde ist, dann soll das die eigene freie Entscheidung sein.
Ein großer Gewinn wäre also derzeit schon, daß Altern insg. zu verzögern. Alles andere darüber hinaus werden wir jedenfalls nicht mehr erleben.
Mein Schlussfolgerung: Kü,mmert euch nicht um den Tod. Soviel Ehre hat er nicht verdient. Ich verschwende daran keinen Gedanken. Deshalb ist es mir auch egal, ob ich zu den "Deathisten" oder den anderen gezählt werde. Ständig dreht es sich um Tod. Psychologisch voll kontraproduktiv.
Da waren wohl andere schneller als ich. Brauchen die noch einen Papst?
Interessant zu lesen allemal! Wirklich coole Beiträge. Das youtube-Archiv mit den "Predigten" ist ja gut gefüllt, da trifft man viele alte Bekannte wieder.