Ist bekannt, ob und wie Zellen mit ihren unmittelbaren Nachbarn kommunizieren? Ich meine jetzt nicht systemische Botenstoffe wie Interleukine, sondern wirklich direkte Nachbarskommunikation. Die Kommunikation und das Verhalten der einzelnen Zelle kann nicht einfach gestrickt sein, denn folgende Aspekte der intrazellullären Kommunikation fallen mir spontan ein:
- Zellen können in kanzerogenen Nachbarzellen die Apoptose induzieren - Also muss die Zelle Kenntnis darüber haben, dass mit der Nachbarzelle etwas nicht stimmt. - Entzündung ist "ansteckend" - d.h. wenn die Nachbarzelle entzündet ist, entzündet sich die in der Rede stehende Zelle auch. Vielleicht um einen gewissen Grad weniger, damit die Entzündung sich nicht ewig weiterverbreitet. Die erste Zelle, die die Entzündung startet müsste quasi vorgeben wie stark der Weitergabefaktor ist. Ich nehme an, dass es Abstufungsgrade bei Entzündungen gibt, und dass Nachbarzellen höchstens den Entzündungsgrad der eigentlichen Zelle haben können. - sich ausbreitende Schwellung (vgl. Entzündung) - sich ausbreitende Wassereinlagerung (vgl. Entzündung) - Erkennung von - ich nenne es mal - "tolerablen Nachbarn", also Nachbarn wo die Zelle nicht gleich völlig ausrastet. Das könnten Bindegewebezellen sein (Abzesswände) Immunzellen, die umherwandern, verschiedene Plastiksorten könnten tolerabel sein, Amalgam/Quecksilber (oder können sich Zähne vielleicht nicht entzünden?) - Erkennen der umgebenden Gewebematrix und entsprechendes reagieren - Erkennung von Luft z.B. Schnittwunden (könnte aber auch einfach das Fehlen von Nachbarn sein, wo eigentlich einer sein soll.
Theoretisch müsste die auch Zelle "wissen" wo sie zumindest in nächster Umgebung verortet ist, damit sie bei Verletzungen der benachbarten Stammzelle sagen kann, zu was sie sich differenzieren soll. Ich denke allein anhand der gebrainstormten Liste oben sieht man, dass die interzelluläre Kommunikation vielleicht doch nicht so simpel sein kann, wie sich manche vorstellen und hochkomplex sein dürfte.
Wenn man jetzt noch die Stammzellnischen betrachtet, bei der die Nischen nicht ok sind, erscheint der Verlust vielleicht in einem anderen Bild.
Dies spricht für den Ansatz von @Dr.Faust : Wenn man es schafft, dass es allen Einzelzellen gut geht, dann geht es auch dem Verbund gut.
Jetzt wäre es natürlich interessant ob man der Zelle (allen Zellen) durch Kommunikationssignale sagen kann, dass sie sich epigenetisch verjüngen soll. Wenn das ginge, wäre das schoneinmal sehr fein.
Natürlich kann ich das auch nicht sagen, wie diese Kommunikation von Zelle zu Zelle funktioniert. Dass die entartete Zelle nicht mehr auf Signale zur Apoptose reagiert, hab ich gelesen und das wird wohl so sein. Cytocrom-c ist ja ein Apoptose-Signal. Aus der MELAS-Forschung ist mir bekannt, dass die infolge Energiemangels (Komplex I) sterbenden Zellen die Nachbarzellen mit in den Tod reißen, so dass sichtbare Läsionen entstehen können.
Was Entzündungen betrifft, so ging ich immer davon aus, dass diese letztlich durch die Aktivtät des Immunsystems induziert werden. Kann sich eine einzelne Zelle "entzünden"? Sie kann Botenstoffe absonders (SASP), die dann Immunzellen aktivieren. Aber ganz allein?
Ich halte es für möglich, dass Zellen mittels Oberflächen-Rezeptoren "wissen", dass ihre Nachbarzelle "gleich" ist, also die gleiche Oberfläche hat.
Stammzellen sind doch gewebespizifisch. Sie wissen, wozu sie werden sollen. Unsymmetrische Teilung, eine Hälfte bleib Stammzelle. Verlust gewebespezifischer Stammzellen hat schon de Grey als ein Alterungstreiber beschrieben.
Zitat von bul im Beitrag #1Jetzt wäre es natürlich interessant ob man der Zelle (allen Zellen) durch Kommunikationssignale sagen kann, dass sie sich epigenetisch verjüngen soll. Wenn das ginge, wäre das schon einmal sehr fein.
Ja und dass denke ich und habs auch oft geschrieben. Psycho-Somatisch. Die Signalmoleküle die da verwendet werden, können wir (noch) nicht herstellen. Also ein psycho-somatisches Mimetikum.
Also ich würde erwarten, dass Zellen dazu in der Lage sind, sich bei Bedarf selbst zu entzünden, also Temperatur steigern und alles was so dazu gehört. Wenn das Immunsystem die Entzündung auslöst ist die regionale Begrenzung irgendwie schwierig zu verstehen. Dann müssten doch entfernte Immunzellen geziehlt miteinander kommunizieren können. Und wie wird dann definiert wie weit die Entzündung reichen soll?
Also mein Modell: Immunzellen werden durch Botenstoffe (Interleukine) angelockt. Sie können ggf. weitere anrufen. Die Entzündung wird durch regulierende Immunzellen gedämpft. Gerade das funktioniert manchmal nicht mehr (Sepsis). Die Immunzellen sollen eigentlich nur die QWuelle der Botenstoffe angreifen. Kollateralschäden kommen vor. Wenn die Feuerwehr gerufen wird, greift sie ja auch nur den Brand an und setzt die Nachbarschaft auch unter Wasser, aber nicht das ganze Viertel. Also Entzündung scheint doch eine systemische Erscheinung zu sein, ausgelöst durch das Immunsystem. https://de.wikipedia.org/wiki/Entz%C3%BCndung.
das Thema ist wirklich sehr spannend und ich könnte mir vorstellen, dass einige 1000000000000 Quantencomputer miteinander kommunizieren. In einigen Fällen nimmt die "Signalstärke" mit der Entfernung ab: so hat z.B. Dr. Strunz davon berichtet, dass die Muskeln der Arme bei Kniebeugen auch gestärkt werden.
Zitat von bul im Beitrag #1- Zellen können in kanzerogenen Nachbarzellen die Apoptose induzieren - Also muss die Zelle Kenntnis darüber haben, dass mit der Nachbarzelle etwas nicht stimmt.
Diese Schlussfolgerung scheint mir fast zwingend zu sein. Aber erkennen die Zellen ihre Probleme nicht auch selbst?
Und ich habe eine Idee, wie man das empirisch testen kann: Falls es Hypertumore wirklich gibt, wäre das doch ein guter Indikator. Da geht dann der Tumor auf den anderen los. Wenn man jetzt Tumorgewebe invitro züchten kann, müsste bei hinreichender Größe solche Wechselwirkungen zu beobachte sein, oder?
Zitat von bul im Beitrag #1Erkennung von - ich nenne es mal - "tolerablen Nachbarn", also Nachbarn wo die Zelle nicht gleich völlig ausrastet. Das könnten Bindegewebezellen sein (Abzesswände) Immunzellen, die umherwandern, verschiedene Plastiksorten könnten tolerabel sein, Amalgam/Quecksilber (oder können sich Zähne vielleicht nicht entzünden?)
@bul Das verstehe ich nicht. Kannst du es mir mal erklären?
Zitat von Dr.Faust im Beitrag #2Dass die entartete Zelle nicht mehr auf Signale zur Apoptose reagiert,
Es gibt allerdings eine Ausnahme, auf die ich hinweisen möchte:
"Krebszellen schaffen es jedoch, dem sogenannten programmierten Zelltod, auch Apoptose genannt, zu entgehen und sich weiter zu teilen. Ihr instabiles Erbgut bringt ihnen dabei sogar Wachstumsvorteile und macht sie therapieresistent. Im Gegensatz dazu verhält sich das Genom bei bestimmten Krebsarten im Kindesalter, wie z.B. dem Ewing-Sarkom, bemerkenswert ruhig und man findet nur wenige solcher genomischen und chromosomalen Umlagerungen.[...]'Die Krebszellen von Kindern reagieren noch auf die Signale des programmierten Zelltods. Unsere Hoffnung war daher, dass wir nur genügend Durcheinander im Genom der Zellen anrichten müssen, damit sie ihre Selbstzerstörung einleiten', erläutert Grünewald.[..]'Die neuen Daten geben uns jetzt Hoffnung, dass sie bei Patienten mit einer hohen PRC1-Aktivität jedoch durchaus wirksam sein könnten. Es zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, Krebstherapien an den molekularen Hintergrund des Tumors anzupassen.' Ob sich der PRC1-Spiegel als zuverlässiger Biomarker eignet, wollen die Wissenschaftler jetzt mit weiteren Untersuchungen überprüfen und bei Erfolg in einer klinischen Studie weiterentwickeln.
Das klingt nach einer interessanten Neuigkeit. Es ist natürlich reine Spekulation, aber vielleicht kann es gelingen, die Selbstzerstörungsfähigkeit von erwachsenen Krebszellen gezielt wieder in Gang zu setzen. Das dürfte für deren Zerstörung sorgen.
Zitat von BenutzerNeu im Beitrag #7Das verstehe ich nicht. Kannst du es mir mal erklären?
Was genau verstehst du nicht? Das Konzept "tolerable Nachbarn" oder das mit dem Quecksilber?
Mit tolerablen Nachbarn meine ich, dass das was an die Zelle angrenzt nicht die normale Funktion der Zelle beeinflusst. Steck dir mal einen Holzsplitter ins Fleisch, das umgebende Gewebe wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit entzünden. Die Zellen bemerken, dass ihr Nachbar (Holz) nicht passt und "rufen um Hilfe", bzw. melden, an den übergeordneten Metaorganismus, dass etwas nicht stimmt. Der muss sich dann drum kümmern, weil die Zelle es alleine nicht geregelt bekommt.
Die Entzündung persistiert zumindest solange bis der Splitter "eingewachsen" ist. Dann wird der Splitter von Gewebe umgeben, welches selbst das Holz toleriert und auch von den normalen Körperzellen als Nachbar toleriert wird. Oder anderes Beispiel: Abzess. Innerhalb des Abzesses ist es eklig, weil Bakterien, Proteine, Immunzellen, Eiter halt. Würde man dieses Gemisch direkt ins Gewebe injizieren, würde es sich entzünden.
Nicht jedoch beim Abzess selbst, denn der ist "eingekapselt" von Bindegewebe. Das Bindegewebe hält auf de einen Seite (Innenseite) den Eiter aus ohne sich zu entzünden und wird auch von den benachbarten normalen Körperzellen als Nachbar toleriert.
Künstliches Knie: Das Plastikpolymer ruft augenscheinlich keine Entzündungen hervor, wird also vom umgebenden Gewebe toleriert.
Beipiel Zahn und Amalgam: Da wird das Amalgam auf den offen liegenden Zahn gepappt. Ich würde jetzt eine Entzündungsreaktion erwarten, die passiert aber nicht. Frage ob Amalgam tolerabel ist oder ob Zähne, genauer: das Dentin sich vielleicht nicht entzünden können? Ist ungefähr klar wie ich das gemeint habe?