Die Haarzellen des Innenohrs können nicht nachwachsen - was einmal verloren ist, ist verloren. Wissen wir alle - kein Grund, dafür einen eigenen Thread aufzumachen.
Zumindest galt das bisher.
Aber vor zwei Tagen wurde nun diese bahnbrechende Studie veröffentlicht:
ZitatCurrently, no approach exists to obtain large numbers of cochlear hair cells. Here, using a small-molecule approach, we show significant expansion (>2,000-fold) of cochlear supporting cells expressing and maintaining Lgr5, an epithelial stem cell marker, in response to stimulation of Wnt signaling by a GSK3β inhibitor and transcriptional activation by a histone deacetylase inhibitor. The Lgr5-expressing cells differentiate into hair cells in high yield. [...] this work suggests that a small-molecule approach to activate Wnt and Notch could be a viable therapeutic route to restore hair cells.
Grundsätzlich ist es also möglich, Haarzellen wieder neu wachsen zu lassen!
Wenn das zu einer Standard-Behandlung entwickelt wird, freut sich die Hörgeräte-Lobby sicher nicht. Leider ist das wohl noch nicht ein Weg, den man selber gehen kann.
Ich habe seit langem auch einen Hochton-Schwerhörigkeit., mich aber bisher standhaft geweigert, ein Hörgerät zu tragen. Es sind vor allem psychologische Gründe. Außerdem habe ich ein Problem mit der Trennung zwischen Hintergrundgeräusch (z.B. Fernseher) und einer Stimme oder auch, wenn ein Hall drauf ist. Ich habe weniger ein Problem mit der Lautstärke, eher mit der Deutlichkeit der Aussprache. Psychoakustik war Studienfach bei mir, habe auch mal in dieser Richtung gearbeitet, insofern ist es mir schon klar, warum Probleme auftreten.
Dazu kommt Tinnitus unterschiedlicher Ausprägung (zwischen fast garnicht und deutlicher Verdeckung). Interessant in diesem Zusammenhang eine Situation: ich hatte subjektiv kein Empfinden eines Ohrgeräusches. Da fragte mich mein Gegenüber: Hast Du eigentlich noch Ohrgeräusche? Antwort: Ja, sie haben gerade eingesetzt.
Ich habe allerdings den subjektiven Eindruck, dass das Hörvermögen nicht konstant (schlecht) ist. Es hängt von der Tageszeit ab, wohl auch davon, ob und was man gerade gegessen hat. Abend nach einem Glas Wein ist es schlecht. Man kann sich damit trösten, das man nicht unbedingt alles hören muss, das meiste geht sowie sofort zum anderen Ohr wieder raus ... Außerdem schläft man sehr gut, wenn man nicht jedes Geräusch hört.
Ich habe auch mal gelesen (Quelle hab ich momentan nicht), dass es garnicht so sehr die Anzahl der Haarzellen ist, sondern deren Verklebung, so dass sie nicht mehr ordentlich schwingen können (AGEs ?).
Ja, Haarzellen wieder herstellen bzw. wieder "schwingen" zu lassen, wäre für viele die unter Hörverlust leiden, ein Segen. Allerdings ist das momentan noch Theorie und die Praxis noch weit entfernt. Ich verlinke mal einen Artikel von LEF, dort wird konkret über Strategien berichtet, die man heute anwenden kann, um sein Hörvermögen zu verbessern:
Eine spannende Frage ist, ob sich das neue Wissen aus #1 für einen experimentellen Biohacking-Ansatz umsetzen lässt.
Hier die theoretischen Grundlagen:
-Das sensorische Epithel beherbergt die Stammzellnische für die Haarzellen. -Das sensorische Epithel der Cochlea kann von Medikamenten (und NEM) über den Blutstrom erreicht werden.
-Um Haarzellen zu generieren, müssen zunächst folgende Signalwege aktiviert werden: Wnt und Notch -Damit die Zellen wachsen, müssen auch anabole Signalwege angeschaltet sein (IGF-1, bFGF, EGF). -Anschließend muss Wnt aktiv bleiben und Notch gehemmt werden, damit die Zellen ausdifferenzieren.
-Eine Wnt-Aktivierung wurde in der Studie mit einem GSK3β-Inhibitor durchgeführt. -Für die bFGF-Aktivierung wurde der HDAC-Inhibitor Valproat genutzt. -Die anschließende Notch-Hemmung erfolgte durch einen Gamma-Sekretase-Inhibitor.
Der publizierte Ansatz ist zwar konkret für Haarzellen gedacht, aber die hier genannten Signalwege sind typisch für die Expansion und Differenzierung von Stammzellen allgemein. Die "Hauptarbeit" der Differenzierung wird dann fast automatisch von lokalen Faktoren übernommen.
Ein systemischer Ansatz könnte sich daher vielleicht nicht nur für das Innenohr auszahlen? Allerdings ist das auch gleichzeitig der große Haken an der Sache: Eine Systembehandlung kann nur funktionieren, wenn man dabei in anderen Stammzellnischen kein Unheil anrichtet!
ERBB2 ist ein epidermaler Wachstumsfaktor (Epidermal growth factor, EGF) In der Studie wurde Gentechnik zur Aktivierung verwendet. Besser wäre es, ERBB2 epigenetisch zu aktivieren.
Zitat[...] the ideal way to treat sensorineural hearing loss is to regenerate hair cells through stem cells to repair the structure and function of the cochlea so as to fundamentally restore hearing. [...] it is more difficult to regulate a single signal pathway to regenerate functional hair cells, and it may require coordinated regulation of multiple genes to effectively promote hair cell regeneration and the functional maturity and survival of new hair cells.[...]