Wenn du denkst, dass hauptsächlich Umweltgifte deine Erbsubstanz zerstören, liegst du leider falsch. Der wahre Feind liegt im Inneren deiner eigenen Erbsubstanz:
In den großen Arealen der Erbsubstanz, die gelegentlich als "junk-DNA" bezeichnet werden, verbergen sich kleine, ziemlich aggressive Elemente, die dir deine Gene sprichwörtlich zerschießen können. Und zwar nicht nur theoretisch, sondern ganz real!
Retrotransposonen sind Terroristen in deinem Erbgut!
Diese Terroristen "schlummern" im Verborgenen. Werden sie aktiviert, bombadieren sie deine funktionsfähigen Gen-Sequenzen. Was das ganze mit Alterung zu tun hat? Nun, die Aktivierung dieser Retrotransposonen erfolgt vor allem durch epigenetische Veränderungen, die bei der Alterung auftreten und durch das Inflam-Aging.
Retrotransposonen werden mit zunehmender Alterung rekrutiert!
Zum Thema Retrotransposonen und Alterung haben James Watson und Vince Guilliano sehr viel Literatur zusammengetragen:
Witzig, dass du die Retrotransposonen heute ansprichts.
Gestern habe ich mir gedanken über sie gemacht. Soviel ich weiß, werden Retrotransposonen ja mit Methylgruppen stillgelegt. Im Alter kommt es zu genomweiter Hypomethylierung und sie werden aktiv. Kann es nun sein, dass Stffe die Methylgruppen von CpG-Inseln entfernen gleichzeitig auch in anderen Bereichen wie bei den Transposonen die Methylgruppen entfernen?
Hab dazu auf die schnelle nicht gefunden, weißt du dazu mehr?
Wenn dem so wäre, dann könnte z.B zwar Tee Gene, die im Alter deaktiviert wurden wieder aktivieren und verhindern, dass Gene überhaupt deaktiviert werden, aber um den Preis einer geringeren Genomstabilität...
Demethylierung kann ein zweischneidiges Schwert sein, insbesondere bei fehlendem SIRT6-Schutz oder niedriger NAD+/NADH-Ratio (siehe unten) Je instabiler das Genom bereits ist, umso riskanter werden Demethylierungen!
Von den Retrotransposonen sind hauptsächlich langlebige Zellen wie Nervenzellen und Stammzellen betroffen.
-Um Retrotransposonen an der kurzen Leine zu halten, sind antiinflammatorisch ausgerichtete Strategien sehr vielversprechend! -Exzessive Mengen freier Sauerstoffradikale sollten vermieden werden (suprahormetische Stressreaktion=>Transposon-Aktivierung) -SIRT 6 kann die Retrotransposon-Aktivierung verhindern. SIRT 6 wird - wen wundert es? - durch den Alterungsprozess abgeschaltet. -Eine hohe NAD/NADH-Ratio kann den SIRT6-Verlust verhindern. (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25247314)
Die Zellen haben in ihrer "Grundeinstellung" exzellente Schutzmechanismen. Retrotransposonen werden erst dann gefährlich wenn die Schutzschilde abgeschaltet werden!
Retrotransposonen wirken zwar auf den ersten Blick wie ein unkontrollierbares Desaster für das Erbgut.
Allerdings gibt es in der Tat übergeordnete Kontrollsysteme, mit denen sich die Retrotransposon-Aktivität hoch- oder runterfahren lässt. Diese Kontrollsysteme sind maßgeblich beteiligt an der Alterung des Genoms:
Fragt sich nur, ob man auf fortgeschrittene CRISPR-Therapien warten muss - oder ob noch andere Möglichkeiten der Retrotransposon-Hemmung in Frage kommen. z.B. mit Transposase-Inhibitoren. Ich stelle einmal zur Diskussion:
Mindestens ebenso wichtig ist die Frage, ob Retrotransposonen wirklich nur der "Bad guy" sind. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie mehr sind als nur Vollstrecker des Alterungsprozesses. Bislang sind nützliche Funktionen allerdings deutlich in der Unterzahl. Möglicherweise spielen sie eine Rolle bei der Organogenese und der Embryo-Entwicklung, wenn sich unterschiedliche Zelltypen ausbilden:
Zitatit might be possible that mariner transposons can be active during some steps of cell differentiation.
Wie sich "springende Gene" berechenbarer machen lassen könnten Wiener Forscher sequenzieren DNA von ganzen Populationen
ZitatNachweisen kann man Transposons, indem man das Erbgut der Organismen sequenziert. Weil das einzeln bei tausenden Menschen und sogar Fruchtfliegen zu teuer und aufwendig ist, hat Christian Schlötterer von der Veterinärmedizinischen Universität (Vetmed) Wien eine Methode entwickelt, um die gesammelte DNA von ganzen Populationen sozusagen in einem zu sequenzieren, und das Ganze hinterher wieder aufzudröseln. Der Bioinformatiker Robert Kofler am Institut für Populationsgenetik der Vetmed Wien hat ein Programm entwickelt, das die Häufigkeit einzelner Transposons in einer Population nun unverzerrt ausspuckt, was bisher nicht gut funktionierte. Damit könne man zum Beispiel untersuchen, ob sich ihre Aktivität in verschiedenen Klimazonen unterscheidet. Die neue Software sei aber auch für die Krebsforschung und bei neurologischen Veränderungen im Gehirn interessant, denn auch dort könnten die springenden Gene eine Rolle spielen.
PoPoolationTE2: Comparative Population Genomics of Transposable Elements Using Pool-Seq The evolutionary dynamics of transposable elements (TEs) are still poorly understood. One reason is that TE abundance needs to be studied at the population level, but sequencing individuals on a population scale is still too expensive to characterize TE abundance in multiple populations. Although sequencing pools of individuals dramatically reduces sequencing costs, a comparison of TE abundance between pooled samples has been difficult, if not impossible, due to various biases. Here, we introduce a novel bioinformatic tool, PoPoolationTE2, which is specifically tailored for the comparison of TE abundance among pooled population samples or different tissues. Using computer simulations, we demonstrate that PoPoolationTE2 not only faithfully recovers TE insertion frequencies and positions but, by homogenizing the power to identify TEs across samples, it provides an unbiased comparison of TE abundance between pooled population samples. We anticipate that PoPoolationTE2 will greatly facilitate the analysis of TE insertion patterns in a broad range of applications.
Wie unsere Keimzellen springende Gene einbremsen Wiener Forscher fanden zwei Stoffe mit den Spitznamen "Zucchini" und "Nibbler"
ZitatWenn solche Gene ungestört herumhüpfen, entstehen Mutationen, die hie und da für die Evolution einer Art positiv, meist jedoch schädlich sind. Vor allem in Keimzellen sorgen sie zuweilen für Unfruchtbarkeit. Die Keimzellen haben daher spezielle RNA-Stückchen, sogenannte piRNAs, die an die potenziell schädlichen Erbgut-Bewohner andocken und sie dadurch lahmlegen. Wie diese Abwehrwaffen fabriziert werden, war bisher unklar. "Zwar war bekannt, welcher Mechanismus das eine Ende definiert, aber bei der Herstellung von piRNAs müssen ja beide Enden exakt zugeschnitten werden", so die Wiener Forscher. Sie haben herausgefunden, dass diese Waffen von zwei unterschiedlichen Systemen an unterschiedlichen Orten gefertigt werden. In ihrer in "Nature" veröffentlichten Studie berichten die Forscher, dass es zwei Wege gibt, um einsatzfähige piRNAs herzustellen. In den Mitochondrien, den sogenannten Kraftwerken der Zellen, gibt es einen Eiweißstoff namens "Zucchini", der die Springer hemmt. Im Zellplasma wiederum erledigt dies ein anderer Stoff, der ebenfalls einen klingenden Namen trägt: "Nibbler".
Zitat von La_Croix im Beitrag #2Witzig, dass du die Retrotransposonen heute ansprichts.
Gestern habe ich mir gedanken über sie gemacht. Soviel ich weiß, werden Retrotransposonen ja mit Methylgruppen stillgelegt. Im Alter kommt es zu genomweiter Hypomethylierung und sie werden aktiv. Kann es nun sein, dass Stffe die Methylgruppen von CpG-Inseln entfernen gleichzeitig auch in anderen Bereichen wie bei den Transposonen die Methylgruppen entfernen?
Hab dazu auf die schnelle nicht gefunden, weißt du dazu mehr?
Also ich weiß da was!
Es ist eben nicht so, dass eine genomweite Demethylierung gleichzusetzen wäre mit der Demethylierung der CpG-Inseln.
Alterung bedeutet epigenetisch genomweite Demethylierung aber starke Methylierung der wichtigen CpG-Inseln. Jugend ist genau umgekehrt! Deswegen sind junge Zellen insgesamt (per Summe) zwar stärker methyliert. Jedoch sind die entscheidenen Starter-Codons demethyliert (=aktiv).
Deswegen kann man bei Alten oft feststellen, dass sie stark demethyliert sind, nur die entscheidenden Stellen (die Starter!!!!) eben nicht. Die Starter (CpG) bleiben mit Methylgruppen zugekleistert.
Es ist aber trotz der wichtigen Unterscheidung durchaus möglich, dass gelegentlich bei DNA-Methylation-Reprogramming auch Viren und Zellschrott reaktiviert wird. Methionin-Restriktion und DNMT1-Inhibitoren KÖNNEN evtl. auch toxische Regionen reaktivieren. Habe selbst erlebt, dass Reprogramming ausgestandene (und scheinbar "ausgeheilte") Krankheiten aus den Zellen zurückholt. Heilung bedeutet im Sinne des Körpers häufig nur Stillegung, also Methylierung der kritischen Regionen. Viren und Retroviren können so Jahrzehnte im Erbgut verharren oder sogar vererbt werden. Deswegen müssen andere Maßnahmen berücksichtigt werden, auf die Prometheus zurecht hinweist.
Vergiss deine alberne Furcht vor krebsauslösenden Substanzen in deinem Alltag! Die meisten Gen-Schäden entstehen durch das Ausknipsen dieses Schalters.
heterochromatin-dependent transcription machinery drives piRNA expression Nuclear small RNA pathways safeguard genome integrity by establishing transcription-repressing heterochromatin at transposable elements. This inevitably also targets the transposon-rich source loci of the small RNAs themselves. How small RNA source loci are efficiently transcribed while transposon promoters are potently silenced is not understood. Here we show that, in Drosophila, transcription of PIWI-interacting RNA (piRNA) clusters—small RNA source loci in animal gonads—is enforced through RNA polymerase II pre-initiation complex formation within repressive heterochromatin. This is accomplished through Moonshiner, a paralogue of a basal transcription factor IIA (TFIIA) subunit, which is recruited to piRNA clusters via the heterochromatin protein-1 variant Rhino. Moonshiner triggers transcription initiation within piRNA clusters by recruiting the TATA-box binding protein (TBP)-related factor TRF2, an animal TFIID core variant. Thus, transcription of heterochromatic small RNA source loci relies on direct recruitment of the core transcriptional machinery to DNA via histone marks rather than sequence motifs, a concept that we argue is a recurring theme in evolution. https://www.nature.com/articles/nature23...-O2nUo3EgBNU%3D
Ob es wohl beim Menschen eine gleich oder ähnlich funktionierende Regulation der Transposonen gibt?
Woher kommt die Reverse Transkriptase, die erst im Alter auftritt?
a.) Sie war schon immer im Genom
b.) Sie wird erst durch virale Infektionen (HSV, HPV, EBV...) im Laufe des Lebens erzeugt.
Im Falle der Antwort a.) wäre die Frage, warum sie erst im Alter aktiviert wird. Wieso nicht bereits im jungen Menschen? Was unterdrückt die RT in jungen Jahren?
Woher kommt die Reverse Transkriptase, die erst im Alter auftritt?
a.) Sie war schon immer im Genom
b.) Sie wird erst durch virale Infektionen (HSV, HPV, EBV...) im Laufe des Lebens erzeugt.
Im Falle der Antwort a.) wäre die Frage, warum sie erst im Alter aktiviert wird. Wieso nicht bereits im jungen Menschen? Was unterdrückt die RT in jungen Jahren?
Im Wesentlichen Antwort a)., wobei sicherlich auch die eine oder andere erworbene Infektion mit zu Genschäden beitragen kann. Hauptsächlich wird das Genom aber von den Retrotransposonen regelrecht geschreddert!
Warum das erst im Alter passiert? Ein Grund sind die Hypomethylierungen die weite Teile der nicht codierenden DNA im Alter betreffen. dadurch werden die Retrotransposonen quasi "freigelegt":
Zitat von Prometheus im Beitrag #20 Warum das erst im Alter passiert? Ein Grund sind die Hypomethylierungen die weite Teile der nicht codierenden DNA im Alter betreffen. dadurch werden die Retrotransposonen quasi "freigelegt":
Danke! Ok, also man kann sagen, die Methylierungsmuster - in dem Fall die Stilllegung des Retrotransposons - gehen mehr oder weniger "zufällig" verloren.
Sozusagen eine Mutation der Epigenetik bzw. wenn ich Methionin restiktiere, dann vielleicht sogar noch etwas schneller?
Zeigt die Methionin-Restriktion hier ihre Schattenseite? Ist das unter dem Aspekt überhaupt sinnvoll?
Zitat von Prometheus im Beitrag #6 In der jungen Zelle bzw in der Keimbahn wird die Aktivierung der RT durch das Piwi-piRNA-System verhindert!
Soweit klar! Da werden die Retrotransposons "gesilenced". Und das Piwi-piRNA-System wird auf welche Weise in den Keimzellen oder überhaupt aktiviert?
Sirtuin 6 klingt gut, da können wir eingreifen, befürchte aber eher, dass dies nur ein "Workaround" ist und nicht das Piwi-piRNA aktiviert. Bin mir aber nicht sicher, wie und ob das Piwi mit den Sirtuinen zusammenhängt. Vermute mal gar nicht, da es nur die Reverse Transkriptase inhibiert, aber nicht das eigentliche Problem - aktives Retrotransposon auf der DNA - beseitigt.
Wie hoch ist die Chance, dass wir das Piwi-piRNA-System gezielt reaktivieren können, um die Retrotransposons erneut für z.B. 40 Jahre stillzulegen?
Somit kann man es vergessen! Es bleibt wohl nur der gentechnische Eingriff(CRISPR), um die Retrotransposons dauerhaft stillzulegen. Oder eben immer SIRT6 aktivieren, um indirekt die Reverse Transkriptase teilweise stillzulegen, aber ob das den riesen Effekt bringt???
Die Retrotransposon-Alterungstheorie erklärt schon ziemlich schlüssig, warum viele Methoden bislang nicht den durchschlagenden Erfolg brachten. Nur bietet sie frustrierenderweise keine Lösung an, abgesehen von der SIRT6-Aktvierung, was die meisten bereits sowieso unbewusst machen:
Heidelbeeren (und anderes cyanidinhaltiges) nehmen die meisten, sei es als Pulver oder die Früchte. Das aktiviert SIRT6 sehr stark.
Wären Heidelbeeren alleine die Lösung, hätten bereits die Steinzeitmenschen ultralang gelebt. Die haben sicher tonnenweise Heidelbeeren gegessen. SIRT6 kann also nicht die alleinige Lösung sein. (Heidelbeeren und co. sind trotzdem sehr empfehlenswert!)
Toll, dass es eben im Alter nicht mehr funktioniert, die Alterung zu unterdrücken. Ironie des Schicksals?
Retrotransposon ist wie ein versteckter Killer, der auf den letzten Metern des Marathons Lebensverlängerung - kurz vor dem Ziel - den Läufern auflauert und sie von hinten erledigt.
Das sehe ich anders: Der Signalweg spielt in allen Stammzellen, gerade auch in den somatischen Stammzellen (und in Krebsstammzellen!) eine wichtige Rolle!
ZitatThis pathway has pivotal roles at all steps of oogenesis and spermatogenesis, but also in somatic cells such as ovary and testis of Drosophila [15]. This axis also controls, although at lower levels of expression, numerous biological processes implicated in homeostasis, including brain maturation [59] pancreatic function [55], fat metabolism [60], and regeneration [61]. Indeed, this pathway was initially studied in gonads and implicated in gene silencing of germinal cells [43]
Offenbar wird in einer großen Zahl der Krebserkrankungen das Piwi-piRNA-System fehlerhaft wieder eingeschaltet:
ZitatPIWIL2 is mutated in approximately 15% of all cancers, notably in adenocarcinomas where 39% of patients carried mutations in the coding sequence. PIWIL1, PIWIL3, and PIWIL4 are mutated in 12%, 14%, and 7%, respectively, in all cancers, with mutations detectable in 21%–27% of adenocarcinomas. Interestingly, in cases of skin cancer (malignant melanomas and squamous cell carcinomas), PIWIL1, 2, 3, and 4 have been found to be mutated at differing positions in all samples tested.
Ich sehe hier eine RIESIGE Chance, weil wir hier vermutlich den ENTSCHEIDENDEN Ansatz gegen DNA-Schäden und Krebserkrankungen gefunden haben!
Ehrlich gesagt ärgert es mich gerade enorm, dass ich mich zwar schon vor Jahren mit dem Thema beschäftigt habe, aber daraus keine praktischen Konsequenzen gezogen habe... Und dass, obwohl völlig klar ist, dass wir es hier mit einem fundamental wichtigen Mechanismus der Alterung zu tun haben!